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Wahlkampfabschluss der SPD in Warnemünde am 2. September: Michael Müller, Manuela Schwesig, Erwin Sellering und Sigmar Gabriel (von links).

© dpa

Vor der Abgeordnetenhaus-Wahl: Was aus Schwerin für Berlin zu lernen ist

In zwei Wochen wird auch in Berlin gewählt. Auf einen Amtsbonus wie bei Erwin Sellering kann Michael Müller nicht vertrauen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Nowakowski

Der Wahlkampfmanager der Berliner SPD, Frank Stauss, kann sich bestätigt fühlen. Er sagte vor Wochen, als viele dies angesichts des aktuellen SPD-Tiefs ungläubig abtaten, der SPD in Mecklenburg-Vorpommern ein Wahlergebnis von 26 + x voraus. Nun sind es für die Küsten-SPD rund 30 Prozent geworden.

In der Berliner SPD wird man das erleichtert registrieren: Ein Landesvater kann doch noch siegen – trotz AfD. So viel Ermutigung braucht es schon für eine verunsicherte SPD, die derzeit knapp über 20 Prozent dümpelt. Aber keine vorschnellen Schlüsse! Anders als bei Erwin Sellering ist beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller der Amtsbonus nur schwach entwickelt. Und reines Wunschdenken könnte die Annahme sein, der SPD-Wahlkampf mit klarer Kante gegen Rechtspopulisten könnte in Berlin erfolgreich sein. Schließlich kam Sellering vor allem deshalb nach vorne, weil er kräftig gegen die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel wetterte.

Es kann auch fatale Wirkung zeigen, dass Müller seine Koalitionspräferenz klar gemacht hat. Bei unentschlossenen Wählern könnte das den Verdruss über die etablierten Parteien verstärken, weil es nicht als Ehrlichkeit, sondern als Respektlosigkeit verstanden wird gegenüber den Berlinern, die ja erst noch wählen müssen.

Die große Sorge der Linken

Dass seit Sonntag der dunkle AfD-Schatten die politische Auseinandersetzung in den letzten beiden Wochen vor der Wahl anheizen wird, ist unvermeidlich. Mit größter Sorge werden die Linken in Berlin die Ergebnisse aus Schwerin vernehmen. Nach den Verlusten an der Ostseeküste deutet sich auch in Berlin eine Niederlage an. Die parteiungebundenen Protestwähler, von denen die Linke immer lebte, könnten nun bei der AfD landen. Die flapsige Bemerkung des Spitzenkandidaten der Berliner Linken, Klaus Lederer, er nehme hin, dass bei der klaren Positionierung gegen die AfD auch potenzielle Linke-Sympathisanten von der Fahne gehen, könnte ein schwerer Fehler gewesen sein.

AfD-Sympathisanten, denen die Demoskopen zurzeit 15 Prozent zutrauen, können sich bestätigt fühlen, dass sie auch in Berlin bereits ein Zünglein an der Waage sind. Ein Weg könnte deshalb sein, im großen Schulterschluss von SPD, CDU, Linke und Grüne bis zum Wahltag deutlich zu machen, welche Folgen es für das liberale und weltoffene Berlin haben würde, wenn die AfD-Forderungen an der Spree Realität würden.

In den vergangenen Wochen aber hat es CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel mit Burka-Verbot, Doppelpass-Ablehnung oder mehr Video-Überwachung eindeutig auf jene potenziellen CDU-Wähler abgesehen, die sich auch ein Kreuz bei der AfD vorstellen können. Was ein Versuch der Eindämmung ist, kann das liberale Fundament der CDU auch schwer beschädigen. Sie wird sich entscheiden müssen, ob man auf diesem Wege wirklich weiter gehen möchte.

Frank Henkel wird freilich aus Schwerin etwas anders befriedigt zur Kenntnis nehmen: Auch für große Koalitionen kann es in diesen Zeiten noch reichen. Vielleicht auch in Berlin, wie sich Henkel wünscht. Vor allem, wenn SPD-Wahlkampfmanager Frank Stauss mit den für die Berliner SPD vorausgesagten 26 Prozent Recht behält.

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