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Berlin: Vorehelicher Scheidungskrieg

Eine Kooperation von Linkspartei/PDS und WASG wird immer unwahrscheinlicher. Selten war das Verhältnis so schlecht wie jetzt

Rauswürfe, unvereinbare Grundsatzerklärungen – und der demonstrativ verkündete Wille, ohne den anderen weiterzumachen: Das Verhältnis zwischen den potenziellen Partnern Linkspartei/PDS und Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) erinnert in diesen Tagen an ein zerstrittenes Ehepaar nach der Scheidung. Mit dem Unterschied, dass die Parteien, die auf Bundesebene bis 2007 fusionieren wollen, in Berlin über erste enttäuschende Flirts nie hinausgekommen sind. Mehrfach demonstrierten beide in den vergangenen Tagen, wie schlecht ihr Verhältnis ist und dass eine Annäherung nicht zu erwarten ist.

Mehrere PDS-Mitglieder, die kürzlich in die WASG eintraten, um den Dialog zu befördern, werden derzeit unsanft wieder hinausgeworfen. Am Wochenende traf es Andreas Günther, PDS-Funktionär aus Kreuzberg-Friedrichshain. Dessen Beitritt lehnte die WASG mit der Begründung ab, dass bei einem PDS-Vorständler wie ihm Zweifel bestünden, dass er sich als Unterstützer des „unsozialen Regierungshandelns“ der PDS und der „neoliberalen“ rot-roten Senatspolitik den Zielen der WASG verpflichtet fühlt. Ähnliche Abfuhren stehen PDS-Fraktionschef Stefan Liebich und Landesgeschäftsführer Carsten Schatz bevor.

Die Unvereinbarkeit der beiden Linksparteien steht in Berlin auf stabilem Fundament. Das zeigen die grundlegenden Thesenpapiere, die beide im Internet veröffentlicht haben (www.wasg-berlin.de und www.pds-berlin.de). Drei Beispiele:

Die Linkspartei/PDS hält erstens am rot-roten Plan fest, den Landeshaushalt durch Sparen zu konsolidieren und zugleich um Entschuldung durch Bund und Länder zu kämpfen. Der Verzicht darauf wäre „reaktionär“. Die WASG hingegen will für ihre sozialpolitischen Ziele mehr Landesgeld ausgeben, „selbst wenn es zu einer Erhöhung der Nettoneuverschuldung kommen sollte“.

Zweitens will die PDS eine Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, die die engen Spielräume einer Landesregierung akzeptiert und das knappe Geld so sozial gerecht wie möglich verteilt. Die WASG will lieber gar keine Regierungsverantwortung übernehmen als sich den Sachzwängen zu beugen und bevorzugt den außerparlamentarischen Kampf gegen die „kapitalistischen Verhältnisse“.

Und drittens will die PDS bei der Arbeitsmarktreform Hartz IV auch weiter versuchen, bundesweite Vorgaben sozialverträglich umzusetzen. Die WASG will grundsätzlich für die Rücknahme der Reform kämpfen, statt sie umzusetzen.

Als Folge aus der Unvereinbarkeit haben beide Landesparteien praktische Konsequenzen gezogen. Linkspartei-Chef Klaus Lederer will künftig nur noch mit den Bundesspitzen von PDS und WASG über die geplante Kooperation verhandeln. Und die Berliner WASG-Führung hat beschlossen, in den kommenden zwei Monaten die Grundlagen für die Abgeordnetenhauswahl im September 2006 zu legen. Offiziell sollen die WASG-Mitglieder zwar Ende Februar darüber abstimmen, ob man mit oder gegen die PDS antritt. Praktisch plant die Parteiführung aber schon jetzt einen eigenständigen Wahlkampf.

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