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Berlin: Vorfahrt für die Radfahrer

Erste „Fahrradstraße“ in der City: Nach dem Neubau dürfen nur noch Anlieger mit dem Auto durchfahren

In der Linienstraße in Mitte rücken heute die Bagger zu einer Premiere an: Die von Autofahrern gern als Schleichweg genutzte Parallelroute zur Torstraße wird zur Fahrradstraße umgebaut. 5,5 Millionen Euro soll der ohnehin fällige Neubau der völlig maroden Straße samt Gehwegen, Beleuchtung und einigen Bäumen an der Ecke Tucholskystraße kosten. Im Februar 2008 soll alles fertig sein.

Die Fahrradstraße ist Teil der bereits begonnenen Umgestaltung, die den Durchgangsverkehr aus der Spandauer Vorstadt nördlich des Hackeschen Marktes heraushalten soll. Nach Angaben der Stadtentwicklungsverwaltung wird ein Zusatzschild den Anliegern erlauben, mit dem Auto in die Linienstraße zu fahren. „Für die Anwohner wird sich im Prinzip nichts ändern“, sagt Verwaltungssprecherin Petra Rohland. Geparkt werden dürfe wie bisher. Motorisierter Durchgangsverkehr wird allerdings auf den 1,5 Kilometern verboten. Radler haben Vorfahrt und dürfen auch nebeneinander fahren. Die Linienstraße soll eine sichere Alternative zu Tor- und Oranienburger Straße werden, wo laut Verwaltung keine Radfahrstreifen angelegt werden können. Die zwischenzeitlich erwogene Begrenzung der Linienstraße auf Tempo 10 hat die Verwaltung verworfen, jetzt soll „mäßige Geschwindigkeit“ gelten – also etwa 25 Kilometer pro Stunde. Die Zusatzkosten beschränken sich auf die Investition in Schilder und Fahrradständer.

Benno Koch, Fahrradbeauftragter des Senats und Landesvorsitzender des Radfahrerclubs ADFC, sieht die Linienstraße als „guten Interessenausgleich“ und wichtigen Anfang. Bisher sind in Berlin nur die Alberichstraße in Biesdorf und die Norwegerstraße in Prenzlauer Berg – auf der der Mauerweg verläuft – als Fahrradstraßen ausgeschildert. Geplant ist zurzeit nur noch die Max-Beer-Straße.

In Brandenburg ist mit dem Ausbau des Fernradwegenetzes auch die Zahl der Fahrradstraßen stark gestiegen. „Diese Regelung hat sich sehr gut bewährt“, sagt Koch. Im dichter besiedelten und befahrenen Berlin legt aber auch er Wert auf die „sorgfältige Auswahl“ weiterer Projekte, um für alle akzeptable Kompromisse zu finden.

Grundsätzlich wäre eine Vielzahl weiterer Fahrradstraßen in Berlin denkbar. „Viel mehr als Schilder an den Enden braucht man nicht“, sagt Koch. Und die Verwaltung ist nach Auskunft ihrer Sprecherin offen für Anregungen der Bezirke. Infrage kämen längere Nebenstraßen mit geeignetem Belag und ohne starken Autoverkehr. Allerdings müsse die Vorfahrt der Radler dann auch dauerhaft akzeptiert und entsprechend sorgfältig bedacht sein, sagt Petra Rohland. Am politischen Rahmen dürfte es jedenfalls nicht scheitern: Laut Radverkehrsstrategie des Senats soll der Anteil des Fahrradverkehrs an den in der Stadt zurückgelegten Wegen bis 2010 auf 15 Prozent gesteigert werden. Anfang der 90er Jahre lag er noch bei sechs Prozent, zurzeit sind es gut zehn. Im nächsten Jahr soll ein Netz ausgeschilderter Radrouten die Innenstadt durchziehen, 2010 sollen auch die Außenbezirke erschlossen sein.

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