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Vorsorgeuntersuchungen: Kinderschutz bleibt mangelhaft

Der Ärger über die Gesundheitsverwaltung wächst: Bis Ende März sollte Senatorin Lompscher ein Konzept vorlegen, wie ein verbindliches Einladungswesen für Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern aussehen soll. Jetzt bittet die Behörde um eine Fristverlängerung.

Von Sabine Beikler

Der Ärger über die Gesundheitsverwaltung wächst: Bis Ende März sollte Senatorin Katrin Lompscher (Linke) ein Konzept vorlegen, wie ein verbindliches Einladungswesen für Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern aussehen soll. Wegen „ausstehender Abstimmungen“ bat die Behörde jetzt um Fristverlängerung bis Ende April. „Das ist unverständlich. Es gibt bereits eine Lösung“, sagte SPD-Gesundheitspolitikerin Stefanie Winde. Der Gesundheitspolitiker der Linken, Wolfgang Albers, zeigte sich ebenfalls „verwundert“. Und auch die Gesundheitsstadträte empörten sich über die Verwaltung: Denn die angekündigten zusätzlichen zwei Stellen pro Bezirk für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst wird es nicht geben. Das geht aus dem Konzept für den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) hervor. Elf der zwölf Bezirke haben das nun abgelehnt. Die Tempelhof-Schöneberger Gesundheitsstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) sprach von „Ignoranz“ der Verwaltung.

Die Koalition hat das verbindliche Einladungswesen als Bestandteil des Netzwerks Kinderschutz beschlossen. Wie berichtet, hatte die Neugeborenen-Screeningstelle der Charité dem Senat konkret angeboten, mithilfe der bei ihr erfassten Daten ein Einladungssystem für die Untersuchungen aufzubauen. Es müssten aber noch Fragen geklärt werden, sagte Gesundheitsstaatssekretär Benjamin Hoff (Linke) auf Anfrage. „Wir wollen das Modell der Screeningstelle übernehmen, benötigen aber dafür eine dauerhafte Finanzierung“, sagte Hoff.

Mit Einführung einer nummerierten Screening-ID wird jedes Neugeborene im Screening-Zentrum registriert. Diese Nummer wird auf Etiketten für das Vorsorgeheft gedruckt. Wenn sich später Eltern mit ihren Kindern beim Kinderarzt vorstellen, sendet er die Daten an die Screeningstelle. Dort erfolgt ein Abgleich mit den gemeldeten Neugeborenen. So können im Ausschlussverfahren Daten von Kindern herausgefiltert werden, die nicht bei den Untersuchungen waren. Deren Eltern werden dann angeschrieben. Erfolgt keine Rückmeldung über eine Untersuchung, sollen die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste die Eltern und Kinder aufsuchen.

Dafür benötigen die Bezirke aber mehr Personal. Und: Besuche sollen auch bei jedem erstgeborenen Kind verbindlich durchgeführt werden. „Das können wir nicht flächendeckend garantieren“, sagten Gesundheitsstadträtin Klotz und ihre Neuköllner Amtskollegin Stefanie Vogelsang (CDU). Der Senat hatte zusätzliche Stellen versprochen, um Behörden und Ärzte besser zu vernetzen. Die Jugendverwaltungen konnten je zwei zusätzliche Stellen schaffen. Im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst sollen nun lediglich weitere zwei Stellen pro Bezirk durch „Umverteilung innerhalb der Bezirke“ bei den Sozialarbeitern geschaffen werden.

„Das ist eine Mogelpackung“, empörte sich Klotz. Die Bezirke bräuchten mehr medizinisches Personal. Hoff hat Verständnis für die Bezirke, verweist aber auf den Einstellungskorridor, den die Finanzbehörde vorgegeben habe: 30 Einstellungen seien 2008 im Gesundheitsbereich genehmigt. Richtig düster wird es 2009 aussehen: Dann sind es nur 5,5 Neueinstellungen – für ganz Berlin.Sabine Beikler

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