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Vorwürfe und Dementis: Manfred Stolpe und die Stasi

Den Stasi-Schatten wurde Manfred Stolpe nie los. Eine Geschichte von Vorwürfen und Dementis.

DAS BUCH

Den Stasi-Schatten wurde Manfred Stolpe nie los. Der damalige brandenburgische Ministerpräsident hatte im Sommer 1992 in einem Buch „Schwieriger Aufbruch“ offenbart, zwischen 1963 und 1989 als Kirchenjurist und späterer Konsistorialpräsident der evangelischen Kirche der DDR etwa eintausend Gespräche mit Offizieren des DDR-Staatssicherheitsdienstes geführt zu haben, unter anderem in konspirativen Wohnungen. „Um den SED–Staat durch seine eigenen Machtmittel zu überlisten“, er habe „natürlich nie Berichte geschrieben“, wie er beteuerte.

DIE DEBATTE

Er trat damit eine Debatte los, die bundesweit hohes Aufsehen erregte, das Land zwei Jahren in Atem hielt und zu einer Regierungskrise führte. Erst trat Stolpes Bildungsministerin Marianne Birthler, die spätere Stasi-Bundesbeauftragte, zurück. Und zwei Jahre später zerbrach daran die Ampelkoalition aus SPD, Bündnis 90 und FDP.

DER RECHTSSTREIT

Dass er als „IM Sekretär“ für die Stasi gearbeitet hat, wie es die damalige Gauck-Behörde ihm vorwarf, hat Stolpe immer bestritten. Er zog dafür bis zum Bundesverfassungsgericht, wo er – anders als zuvor vorm Bundesgerichtshof – am Ende auch recht bekam.

DER UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS

Ein Untersuchungsausschuss des Landtages hatte ihn 1994 am Ende mehrheitlich vom IM-Vorwurf entlastet, nachdem er sich zuvor durch zehntausend Seiten Stasiakten wühlte, über 50 Zeugen anhörte, darunter prominente West-Politiker, Stolpes Gesprächspartner vor dem Fall der Mauer, die wie Helmut Schmidt zumeist Ehrenerklärungen für ihn abgaben. Die evangelische Kirche kam zum Ergebnis, dass er zwar möglicherweise „im Einzelfall seinen Auftrag überschritten“, aber „ein Mann der Kirche, nicht des MfS“ war. Ungeklärt blieben am Ende die Umstände der Verleihung der DDR-Verdienstmedaille. Ein Stasi-Offizier hatte ausgesagt, sie Stolpe überreicht zu haben, was dieser bestritt. Ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren in dieser Angelegenheit wurde später eingestellt.

DAS ENDE DER AMPEL

Doch für den damaligen Bündnis-Fraktionschef Günter Nooke stand fest, dass Stolpe gelogen hat – Auslöser für den Bruch der Ampel. Noch 2005, als Stolpe Bundesminister für Bauen, Verkehr und Aufbau-Ost wurde, kommentierte der Ex-Bürgerrechtler und SPD-Politiker Stefan Hilsberg sarkastisch: „Jetzt sitzt die Stasi am Kabinettstisch.“

DIE WAHL

Brandenburgische Wähler schreckten die Stasi-Vorwürfe nicht ab. Manfred Stolpe konnte nach der Landtagswahl 1994 mit absoluter SPD-Mehrheit regieren.

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