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Update

Vorwurf der Veruntreuung: Mediaspree-Gegner versenken sich selbst

Die Initiative, die Hochhäuser und zugebaute Spreeufer stoppte, verausgabt sich in einem Flügelkampf: Drei Mitglieder der Initiative "Mediaspree versenken" erheben Vorwürfe der Veruntreuung gegen den Kopf der Bewegung, Carsten Joost.

Schwere Vorwürfe erheben Mitglieder der Bürgerinitiative „Mediaspree versenken“ gegen ihren eigenen Sprecher, Carsten Joost. Gelder für Podiumsdiskussionen und Führungen soll er erhalten – und nicht an die Initiative weitergeleitet haben. Bündnismitglied Jörg Morzynski wirft ihm das vor. Joost sei deshalb wegen „systematisch unsachgemäßer sowie intransparenter Kassenführung“ nicht mehr tragbar und aus der Initiative ausgeschlossen worden.

Joost streitet die Vorwürfe ab. Er sei als Fachreferent und Architekt zu Vorträgen und Diskussionen eingeladen worden. Dafür habe er Honorare und Aufwandsentschädigungen erhalten. Dies seien aber „persönliche Einzelleistungen“ gewesen. Die aktiven Mitglieder der Initiative hätten davon gewusst. Von einer „Schmutzkampagne“ spricht Joost deshalb und von einer „politischen Abrechnung“. Die Aktiven seien vom Ausschluss nicht unterrichtet gewesen. Vielmehr sei dieser der „Putschversuch“ von drei ehemals aktiven Mitgliedern. Morzynski wiederum bestätigt, dass der Ausschluss von einem kleinen Kreise initiiert worden sei, der „Einsicht in Joosts E-Mails“ gehabt habe. Joost sei mit den Vorwürfen konfrontiert worden. Und weil er nicht freiwillig zurücktrat, sei man an die Öffentlichkeit gegangen. Schon öfter habe es Ärger gegeben, weil Joost die Führung an sich gerissen und anderen Mitgliedern Informationen vorenthalten habe. Das bestätigten auch Leute aus dem Umfeld.

Carsten Joost
Carsten Joost

© Thilo Rückeis

Damit sind die anhaltenden Spannungen zwischen moderaten Mitgliedern der Initiative wie Joost und radikaleren Aktivisten endgültig zu einem Zerwürfnis geworden. Das spaltet eine Bürgerbewegung, die die Planung an den Ufern von Friedrichshain-Kreuzberg stark beeinflusst hat. Nachdem die Initiative im Jahr 2008 einen Bürgerentscheid zum Erfolg gebracht hatte, musste der Bezirk zahlreiche Bauplanungen am Spreeufer verändern. Statt Hochhäusern mit Privatufern soll ein durchgängiger Uferweg entstehen. Außerdem sollen die Neubauten so ausgerichtet werden, dass der Zugang zur Spree und der Blick auf den Flusslauf nicht blockiert werden.

Die Flügelkämpfe begannen schon vor Jahren.

Der Keim der nun eskalierenden Auseinandersetzung war bereits 2008 gelegt worden, als sich zwei gegnerische Gruppierungen herausgebildet hatten: die verhandlungsbereiten Gemäßigten um Joost und die „Spreepiraten“, Initiatoren von Störaktionen wie bei der Eröffnung der O2-Arena 2008. Die Spreepiraten lehnen Kompromisse eher ab.

Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus Antje Kapek sagte zur Initiative: „Die müssen ihre Rolle neu definieren.“ Die frühere Bezirksverordnete in Friedrichshain-Kreuzberg kennt die Aktivisten aus dem Arbeitskreis des Bezirks zur Mediaspree. Schon damals habe es „Spannungen“ gegeben. Joost sei bis heute eines der aktivsten Mitglieder. Er habe etwa den „Ideenaufruf Kreuzberger Ufer“ an die Bewohner des Bezirks initiiert.

Joost ist inzwischen als Bürgerdeputierter Mitglied des Stadtplanungsausschusses im Bezirk. Die Piraten hatten ihn vorgeschlagen. Pirat Ralf Gerlich attestiert ihm gute Arbeit. Ob die Vorwürfe sich auf die Zusammenarbeit auswirken könnten, wollte er nicht sagen. Erst müsse Joost sich erklären dürfen. Die Arbeit des Bündnisses werde weiterhin gebraucht. Tobias Trommer vom Bündnis „A100 stoppen“ erklärt den Aufruhr mit Hierarchie-Konflikten: Bei solchen basisdemokratischen Organisationsformen komme es schnell zu Ärger, wenn einer als Sprecher auftrete.

Joost will den Rausschmiss nicht annehmen. Doch schon seit längerem denke er mit Weggefährten darüber nach, einen neuen Verein zu gründen. Wichtig sei, dass jetzt die Aufgabe nicht aus dem Blick gerate. So müsse erstritten werden, dass der Bezirk die Ergebnisse des Ideenaufrufs in die Planung der Spreeufer einarbeite.

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