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Die Lage ist ernst: Finanzsenator Nußbaum muss ein striktes Sparprogramm ausarbeiten und umsetzen.

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Wahl 2011: Finanznot: Eine Stadt auf Bewährung

Berlins Schuldenberg wird zum Wahlkampfthema. Bis Oktober muss der Senat ein Sparkonzept vorlegen. Kitas sollen beitragsfrei bleiben, Studiengebühren werden abgelehnt. Man darf gespannt sein, in welchen Bereichen Berlin sparen will.

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Die Berliner Finanzen werden zum heißen Wahlkampfthema: Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hat am Mittwoch im Hauptausschuss zugesagt, dem Parlament die mittelfristige Finanzplanung zukommen zu lassen. Und nur knapp vier Wochen nach der Wahl muss der Finanzsenator bis 15. Oktober dem Stabilitätsrat von Bund und Ländern ein Sanierungsprogramm vorlegen. Wie das mit 62 Milliarden hoch verschuldete Land seinen Etat sanieren will, darüber wird die Opposition mit Sicherheit kontrovers diskutieren wollen.

Auch wenn Berlin die Haushaltsnotlage droht: Einen Sparkommissar von Bundesseite, der alle Ausgaben kontrolliert und darüber bestimmt, wird es nicht geben. Der Stabilitätsrat wacht allerdings darüber, ob Berlin den Haushalt stringent konsolidiert. Darüber wurde gestern im Ausschuss schon kontrovers diskutiert. „Undiszipliniert“ sei die Haushaltsführung bisher gewesen, kritisiert Grünen- Fachmann Jochen Esser. Eine Begrenzung des Ausgabenanstiegs auf 0,3 Prozent pro Jahr hält nicht nur Esser für unrealistisch. CDU-Haushälter Uwe Goetze fordert Investitionen in die Wirtschaft, um durch Arbeitsplätze die sozialen Transferleistungen zu reduzieren. FDP-Haushaltsexperte Christoph Meyer stellt dagegen die Finanzierung des öffentlichen Beschäftigungssektors in Frage. Stattdessen müsste die Verwaltung modernisiert werden und dort weitere Stellen abgebaut werden.

Gerade der öffentliche Dienst ist einer der Gründe für die immense Verschuldung der Stadt seit 1990. Durch die vereinigungsbedingten Lasten wie eine extrem aufgeblähte Verwaltung, den Zusammenbruch der Industrie und den schnellen Rückzug des Bundes aus der Berlin-Förderung wuchs der Schuldenstand der Stadt kontinuierlich an. Bis zur Wende hing Berlin zum großen Teil am Tropf des Bundes; mehr als 50 Prozent der Ausgaben wurden über Bundesmittel finanziert; vier Jahre später waren es nur noch 20 Prozent. 1990 arbeiteten in den Berliner Verwaltungen rund 200 000 Menschen; bis jetzt wurde die Zahl der Stellen auf 107 000 reduziert. Rund 100 000 Stellen sollen es Ende 2013 sein. Darüber hinaus gehender Stellenabbau ist nur noch in begrenzten Umfang möglich. In den Bezirksämtern gibt es kein Potenzial mehr, Haushaltsexperten sehen allenfalls in den Senatsverwaltungen noch überflüssige Reserven. Finanzsenator Nußbaum schließt betriebsbedingte Kündigungen wie auch in den vergangenen Jahren kategorisch aus.

Genauso vehement hält der Senat auch daran fest, dass der Besuch der Kita für Kinder ab dem dritten Lebensjahr beitragsfrei sein soll, genauso wie die Stadt keine Studiengebühren erheben will. „An der Bildung wird nicht gespart“, sagt eine Sprecherin des Finanzsenators.

Bereits im April hat Nußbaum mit dem Bundesfinanzministerium einen Vertrag über Konsolidierungshilfen unterzeichnet. Danach erhält Berlin in den kommenden neun Jahren jeweils 80 Millionen Euro Hilfte. Bedingung für die Zahlungen aber ist, dass das strukturelle Defizit jedes Jahr um zehn Prozent abgesenkt wird, so dass ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufgenommen werden müssen. Darauf hat sich der Senat in den Eckwerten seiner Finanzplanung schon eingestellt. Große Ausgabenblöcke aber gibt es nicht mehr, die als Ganzes weggespart werden können. Es geht jetzt um politische Schwerpunktsetzungen. „Die Schuldenbremse gilt“, stellte Nußbaum klar.

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