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Botschaft mit Kanten. Zumindest Lichtenbergs Bürgermeisterin Birgit Monteiro versteht ihr Plakat.

© Karin Christmann

Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin: Hintern hoch in Lichtenberg

Was hat es mit dem Lichtenberger Plüschsofa auf sich? Stefan Jacobs steht ratlos vor einer unmöblierten Botschaft der SPD.

Mut zur Wahrheit ist das Gebot der Stunde, in der auf Wahlplakaten so ziemlich alles versprochen wird, aber fast nichts wirklich. Renten rauf, Mieten runter, Bahn frei, und, ganz aktuell: Hintern hoch.

Vielleicht ist auch etwas ganz anderes gemeint, man weiß es nicht. Auf den Plakaten der Bezirksbürgermeisterin Birgit Monteiro steht nämlich nur: „Lichtenberg ist kein Plüschsofa.“ Das klingt schwer nach FDP mit ihrer ewigen Wer-bremst-verliert-Attitüde. Aber Monteiro ist Sozialdemokratin. Will sie den Leuten wirklich das Plüschsofa missgönnen, nachdem unter Bossegenosse Schröder schon vor Jahren die soziale Hängematte demontiert worden ist?

Das Plakat selbst gibt die Antwort nicht, denn da steht ansonsten nur: „Eine Bürgermeisterin, die anpackt!“ Das Plüschsofa? Ach nee; gibt’s ja nicht, jedenfalls nicht in Lichtenberg. Oder soll in Lichtenberg das Sitzenbleiben wieder eingeführt werden, das die Landes-SPD vor Jahren mit der damaligen PDS zusammen abgeschafft hat? Wobei das Sitzenbleibverbot den Kritikern ja als eine Art pädagogisches Plüschsofa gilt. Ergibt also auch keinen Sinn.

Da wird man sogar aus „Müller, Berlin“ schlauer

Via Twitter richtet die Rathauschefin aus, der Spruch stehe samt Erklärung auf ihrem noch reichlich zu habenden Flyer. Auf dem heißt es, das Motto sei in einem Kreativwettberb entstanden und stamme von einer alleinerziehenden Mutter, die sich aus eigener Kraft aus der Arbeitslosigkeit herausgekämpft habe, und passe „wunderbar“. So wunderbar, wie „Spandau ist keine Speckschwarte“ oder „Neukölln ist keine Nackenrolle“ gepasst hätten. Oder „Kreuzberg ist kein Kirschkernkissen.“ Obwohl, vielleicht doch.

Wer „Lichtenberg“ und „Plüschsofa“ googelt, findet unter den erstaunlich mageren 44 Treffern als erstes das etwa an der Landsberger Allee erhältliche Ikea- Möbel Sörvallen und direkt dahinter das SPD-Kommunalwahlprogramm, in dessen Vorwort die Parole ebenfalls auftaucht – mit falscher Abführung und dem Zusatz, Lichtenberg habe „Ecken und Kanten. Deshalb braucht es Politikerinnen und Politiker, die anpacken und die ihr Amt mit Kompetenz und Ideenreichtum ausfüllen.“ Das wirkt zusammengenommen, als war der Genosse Rudi Ment am Werk (ein entfernter Verwandter des Fehlerteufels), der versehentlich zwei Texte durcheinanderkopiert hat. Ideenreichtum wegen der Lichtenberger Ecken gegen Plüschsofaisierung, um mal ein Resümee zu versuchen. Da wird man ja sogar aus „Müller, Berlin“ schlauer – verschwommen, kantenfrei und unmöbliert.

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