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Berlin: Wahlen in Berlin: Es darf gewählt werden

Es war schon ein besonderer 1. September, denn es ist eine Ausnahme, dass das Abgeordnetenhaus den Weg für vorgezogene Neuwahlen frei macht.

Es war schon ein besonderer 1. September, denn es ist eine Ausnahme, dass das Abgeordnetenhaus den Weg für vorgezogene Neuwahlen frei macht. Dieser Prozedur, wie sie die Verfassung vorschreibt, war am Ende der Sondersitzung um 14 Uhr 22 Genüge getan. In namentlicher Abstimmung und mit erwartungsgemäß großer Mehrheit wurde die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode beschlossen, die damit nicht turnusmäßig fünf Jahre, sondern nur zwei Jahre beträgt.

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 WahlStreet.de: Die Wahlbörse bei Tagesspiegel Online Von 158 abgegebenen Stimmen votierten 143 mit Ja, neun mit Nein, drei mit Enthaltung, drei waren ohne Angaben. 113 Stimmen wären für die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit nötig gewesen. Elf Abgeordnete fehlten. PDS und Grüne stimmten geschlossen mit Ja; bei der SPD machte einer keine Angaben. Die übrigen Ja-Stimmen fehlten bei der CDU und den beiden anwesenden Fraktionslosen. Die CDU-Opposition hatte nach dem Machtwechsel zunächst Bedenken gegen Neuwahlen.

"Gemäß Artikel 54 der Berliner Verfassung wird die 14. Wahlperiode vorzeitig beendet", lautete der kurze Antrag aller vier Fraktionen. Den Wahltag selbst legte nach der Parlamentssitzung der Senat fest, nämlich den 21. Oktober. Er folgte damit einer längst erfolgten Abrede der Fraktionen.

Damit ist nun der Wahlsonntag verbindlich, und der Wahlkampf tritt in seine heiße Phase. Die Parlamentssitzung hätte noch schneller gehen können, wäre nicht die Technik in entscheidender Stunde ausgefallen. Für knapp 30 Minuten musste Parlamentspräsident Reinhard Führer zwecks notdürftiger Reparatur unterbrechen. Der stellvertretende CDU-Fraktionschef Alexander Kaczmarek polemisierte gerade gegen linke Modernisierungsfeindlichkeit: "Wozu Kraftwerke, wir haben ja Steckdosen." Und da war plötzlich der "Saft" weg. Der frühere Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen demonstrierte Fassungslosigkeit.

Nach dem Bruch der Großen Koalition war der PDS-gestützte rot-grüne Minderheitssenat mit dem Willen zu raschen Neuwahlen angetreten. Parlamentspräsident Reinhard Führer und alle Fraktionen gingen in einer kurzen Rederunde noch einmal auf diese Umstände ein. Führer mahnte zum fairen Wahlkampf ohne persönliche Angriffe. Das interessierte die Fraktionen aber nicht. Kaczmarek warf dem rot-grünen Senat der "Kraftlosigkeit" und der PDS "erschlichene" Macht und einen "vorgetäuschten Neuanfang" vor. Den Sozialdemokraten gehe es nur um "Macht und Posten". Er meinte: "Wir wollen, dass der Senat des Übergangs den Abgang macht."

SPD-Fraktionschef Michael Müller gab der CDU die Schuld für den Bruch der Großen Koalition. Sie habe nicht die Kraft aufgebracht, die Konsequenzen aus ihrer Parteispenden- und der Bankenkrise zu ziehen. Deshalb habe sich die SPD von der CDU trennen müssen, meinte Müller unter demonstrativer Unruhe der CDU; deren früherer Fraktionschef Klaus Landowsky als Auslöser der Krise las ostentativ Zeitung. So bat Müller die CDU um "wenigstens eine halbe Stunde Anstand".

Grüne und PDS schlugen ebenfalls auf die CDU ein, erinnerten aber auch genüsslich die SPD an ihre Miterantwortung in zehn Jahren Großer Koalition. PDS-Fraktionschefin Carola Freundl forderte "etwas mehr Selbstkritik" der SPD. Der Wähler habe nun zu entscheiden, wen die Schuld für das Desaster treffe. In dem Sinne sprach die Grünen-Fraktionschefin Sibyll-Anka Klotz von den Neuwahlen als einem "positiven Signal für die Demokratie". Das Parlament sei dem Willen der Mehrheit der Bürger gefolgt, meinte sie in Anspielung auf die Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren. Die Berliner hätten die "Nase voll" von der Großen Koalition.

Die Wahlperiode wurde gestern nicht beendet. Sie dauert bis zur Konstituierung des neuen Parlaments im Noember. Vor der Wahl tagt das Parlament auch noch am 13. und 27.

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