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Berlin: Wahlkampf: Friedenstauben und Anti-Terrorplakate

Auch der Krieg in Afghanistan wird kaum dafür sorgen, dass politischer Zündstoff in den Berliner Wahlkampf kommt. CDU und SPD, Grüne und FDP sehen keine Notwendigkeit, so kurz vor dem Wahltag ihre Strategien und Werbeslogans in Frage zu stellen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Auch der Krieg in Afghanistan wird kaum dafür sorgen, dass politischer Zündstoff in den Berliner Wahlkampf kommt. CDU und SPD, Grüne und FDP sehen keine Notwendigkeit, so kurz vor dem Wahltag ihre Strategien und Werbeslogans in Frage zu stellen. Nur die PDS will sich angesichts der Militärschläge gegen die Taliban als kompromisslose Friedenskraft profilieren. "Wir setzen uns ab von den anderen Parteien", sagt Wahlkampfleiterin Almut Nehring-Venus.

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 WahlStreet.de: Die Wahlbörse bei Tagesspiegel Online Foto-Tour: Die Berliner Spitzenkandidaten Video-Streams: Diskussion mit den Spitzenkandidaten Für Mittwoch bereitet der PDS-Bundesvorstand eine Großkundgebung gegen den Krieg im Stadtzentrum vor. Am selben Tag werden in Bus-Wartehäuschen 800 Plakate geklebt, die auf blauem Grund eine Friedenstaube und die Aufschrift zeigen: "Vernunft - das Einzige, was zählt". In einem Flugblatt soll den Wählern die Haltung der PDS erläutert werden. Die anderen Parteien reagieren verständnislos; der Grünen-Sprecher Matthias Tang spricht spöttisch "von populistischer Friedensrhetorik". Die Christdemokraten fühlen sich durch die jüngsten Ereignisse in ihrer Entscheidung bestätigt, die innere Sicherheit in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes zu stellen. "Wir stehen klar zu Polizei und Feuerwehr", bekennt ihr Spitzenkandidat Frank Steffel, der dem Senat in der Sicherheitsfrage Hektik und Halbherzigkeit vorwirft. Seit Tagen schon fällt ein CDU-Großplakat im Straßenbild auf: Ein blutroter Himmel über der Skyline Berlins, in den ein fragiler Fernsehturm ragt. "Sicherheit für alle Berliner. Gegen Terrorismus und Extremismus".

Eine geschmacklose Werbung, ist das einhellige Urteil der politischen Konkurrenz. Die Union wolle Ängste schüren und auf diese Weise Stimmen sammeln. Seit der Landtagswahl in Hamburg setzt die Berliner CDU alles auf die sicherheitspolitische Karte. Informationsmaterial müsse wegen der großen Nachfrage nachgedruckt werden, sagt CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach. Täglich finden CDU-Veranstaltungen statt, die unter dem Motto stehen: Wie sicher ist Berlin? Dort referieren die Experten Alexander Prechtel, Wolfgang Bosbach, Volker Rühe, Rupert Scholz, Eckart Werthebach und Jörg Schönbohm, sogar Heinrich Lummer wurde reaktiviert. Die Meinungsumfragen bestätigen der CDU aber nicht, dass sie von diesem Thema profitieren kann.

SPD und Grüne bemühen sich unterdessen darum, als Regierungsparteien die Bürger durch entschlossenes Handeln zu beeindrucken. "Wir tun alles Notwendige und sparen nicht bei der Sicherheit", verlautet aus der SPD-Wahlkampfzentrale. Die Sozialdemokraten sind froh darüber, dass Bundesinnenminister Otto Schily und Innensenator Ehrhart Körting den Konservativen keine wirksamen Angriffsflächen bieten. "Die Gefühle der Unsicherheit in der Bevölkerung werden von uns nicht ignoriert", versichert der SPD-Wahlkampfchef Michael Donnermeyer. Von dieser Linie - Vertrauen schaffen und gelassen bleiben - wollen die Sozialdemokraten auch nach Beginn des Krieges in Afghanistan nicht abweichen.

Bei den Grünen ist der Diskussionsbedarf zwar beträchtlich größer, gestern tagten der Landes- und Fraktionsvorstand, aber die mühsam gefundene Balance zwischen "Freiheit und Sicherheit" wird nicht aufgegeben. Mit einer Sicherheitskonferenz und einem neuen Plakat, das auf die neue Situation eingeht, wollen die Grünen signalisieren, dass ihnen die Ängste der Bürger nicht schnuppe sind und gleichzeitig Besonnenheit anmahnen. Auch die FDP legt großen Wert auf das Gleichgewicht zwischen Sicherheitsbedürfnissen und Bürgerrechten. Alles müsse getan werden, um in der Hauptstadt die Sicherheit zu gewährleisten, sagt Günter Rexrodt, Spitzenkandidat der Liberalen. "Aber wir wenden uns entschieden gegen jeden Versuch, mit Blick auf den Wahltermin mit den Ängsten der Menschen Punkte machen zu wollen".

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