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Die Landesliste der Piraten steht: Die meisten Parteimitglieder stimmten für Cornelia Otto.

© dpa

Wahlparteitag in Moabit: Die Landesliste der Piraten steht

Die Piraten haben sich entschieden: Cornelia Otto, eine der Favoritinnen, führt die Landesliste an und könnte ab Herbst im Bundestag sitzen. Chancenlos blieben dagegen zwei Parteimitglieder, die in der Vergangenheit durch umstrittene Äußerungen aufgefallen waren.

Eines wird man den Berliner Piraten im Bundestagswahlkampf nicht nachsagen können: dass nur Männer Chancen auf eine Spitzenposition haben. Gleich vier Frauen stehen auf den vordersten Plätzen der Landesliste, über die die Mitglieder auf ihrem Parteitag am Wochenende entschieden haben. Cornelia Otto heißt die Spitzenkandidatin, auch wenn sie sich selbst diesen Titel nicht geben mag. „Wir haben nur Kandidaten“, sagt sie, als sie kurz nach der Nominierung zum ersten Mal von einer Gruppe Journalisten umringt wird – und sich doch sichtlich über das Vertrauen freut, das die Piraten ihr entgegengebracht haben. Es ist ein Rollenwechsel, den die 38-Jährige wird vollziehen müssen. Bisher hatte sie in der zweiten Reihe gestanden, beispielsweise Mandatsträgern zugearbeitet. Otto hat lange in Karlsruhe gelebt und ist seit anderthalb Jahren in Berlin. Renten-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik nennt sie als Themen, die sie interessieren. Sie arbeitet freiberuflich in der IT- und Medienbranche und hat jüngst ein Studium der Soziologie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre abgeschlossen. Ottos wohl wichtigste Aufgabe wird sein, die Piraten möglichst geschlossen in den Wahlkampf zu führen. An einer gemeinsamen Stoßrichtung nämlich mangelt es der Partei, die seit Monaten vor allem auf Bundesebene in der Dauerkrise steckt.

Cornelia Otto steht an der Spitze der Landesliste der Berliner Piraten.
Cornelia Otto steht an der Spitze der Landesliste der Berliner Piraten.

© Piratenpartei

„Was wir an hoch und runter hinter uns haben, das muss uns erstmal einer nachmachen“, rief Otto den Piraten zu. Sie forderte die Mitglieder auf, die gemeinsame Vision wiederzufinden und sich gegenseitig „den Rücken zu stärken“. Angesichts des beständigen Phänomens heftiger, per Twitter ausgetragener Streitigkeiten mag es helfen, dass Otto, wie sie sagt, „hauptsächlich Inhaltliches“ twittert. Auf Platz Zwei folgt Miriam Seyffarth, Islamwissenschaftsstudentin, 26 Jahre alt. Sie versucht mit ihrer Kandidatur einem politischen Zaubertrick: Aus einem Mandat möchte sie drei machen. „Dreiköpfiger Affe“ hat sie das Modell genannt, der Name entstammt einem Computerspiel. Von der möglichen Abgeordnetendiät will sie zwei weitere Piraten einstellen, zusätzlich zu den regulären Mitarbeitern, die ein Parlamentarier beschäftigt. Mit beiden will sie sich „Geld, Arbeit und Macht“ gleichberechtigt teilen, juristisch sei das möglich. Damit auch Kandidatin Nummer drei, Lena Rohrbach, 27 Jahre alt und Absolventin eines Philosophiestudiums, es in den Bundestag schafft, müssten die Piraten in Berlin ein Ergebnis deutlich oberhalb der fünf Prozent erreichen. Auch Rohrbach will im Erfolgsfall ihr Mandat verdreifachen. Klappt es nicht mit dem Bundestag, ist sie als Teil eines möglichen Seyffarth-Teams gesetzt. Die Vierte auf der Liste, Ulrike Pohl, kann ebenfalls nur auf diesen Trick hoffen.

Chancenlos blieb Ex-Landesvorsitzender Hartmut Semken. Er fiel einst durch umstrittene Äußerungen zur Abgrenzung gegen Links- und Rechtsextreme auf, wurde bei einer Lüge gegenüber dem Landesvorstand erwischt und trat zurück. Mit seinem Comeback-Versuch ist er nun auf ganzer Linie gescheitert. Auch Mareike Peter hat es nicht auf einen der vordersten Listenplätze geschafft. Sie ist Mitarbeiterin des Piraten Oliver Höfinghoff, Mitglied im Abgeordnetenhaus, und hatte vor einigen Monaten für Empörung gesorgt, indem sie Berlins Polizeipräsidenten als „rassistisches Arschloch“ beschimpfte.

Die Entscheidung stand am Ende eines zweitägigen Wahlparteitags in Moabit, bei dem sich die Piraten für das intern bewährte Wahlverfahren „Schulze simple“ entschieden hatten. Sie wollten nämlich nicht nacheinander per einfacher Mehrheit über jeden Listenplatz entscheiden, wie es in anderen Parteien üblich ist und taktischen Absprachen Vorschub leistet. Stattdessen waren gut 300 Piraten aufgefordert, alle Kandidaten nach persönlicher Präferenz zu ordnen - und das dauerte. Kurz vor 19 Uhr am Sonntagabend aber lag dann ein Ergebnis vor.

Der Landesverband hat nun neuen Mut geschöpft. "Das ist eine geile Liste", sagte Fabio Reinhardt, Mitglied im Abgeordnetenhaus. Aktuelle Umfragen aber sprechen nicht dafür, dass die Piraten den Einzug in den Bundestag schaffen

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