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Berlin: Wahre Affenliebe

Die Zoologin Jane Goodall lebte in Afrika mit einer Horde Schimpansen – gestern war sie in Berlin

Jane Goodall kennt die Sätze auswendig, mit denen ein Forscher vor langer Zeit beschrieb, wie er zwei Schimpansen erschoss. Als die Mutter die Arme ausstreckte, um ihr Baby vom Baum zu holen, da hat er abgedrückt. Jane Goodall zitiert die Passage – von wem sie stammt, hat sie vergessen – auf dem Flur des Naturkundemuseums. Gerade hat man ihr einen wertvollen Gorillaschädel gezeigt, aber sie war nicht sonderlich beeindruckt. „Es tut mir Leid zu wissen, dass das Tier für die Forschung getötet wurde“, sagt sie.

Das Forschen am lebendigen Tier hat sie sich ausgesucht. 26 Jahre lang lebte sie mit einer Horde Schimpansen in Tansania, hat deren Sprache und Verhalten studiert, und ist zur Überzeugung gelangt, dass es allein die Sprache ist, die den Unterschied zum Menschen ausmacht. Die Menschenaffen sind bis heute ihre Leidenschaft. Am Freitagabend wollte sie in der Urania einen Vortrag zum Thema halten, nachmittags besuchte sie die Ausstellung „Tiere lügen nicht“ im Kommunikationsmuseum (Leipziger Straße 16). Vormittags war sie im Naturkundemuseum, wo sie auf den Dinosaurier zeigte und sagte: „Für deren Aussterben sind ja mal nicht wir verantwortlich.“ Aber vielleicht bald für das der Schimpansen. Zwei Millionen gab es vor zehn Jahren, heute schätzt man, dass es noch rund 200000 Exemplare gibt.

Jane Goodall ist gerade 70 Jahre alt geworden, aber das merkt man nicht. Mit flottem Schritt ist sie unterwegs. Eine zierliche Frau mit sparsamer Mimik und einer Tasche unterm Arm, in der ein Stofftiergorilla sitzt. 300 Tage im Jahr reist sie. Vorträge, Lesungen oder Besuche in den Jugendcamps, die ihre Jane-Goodall-Stiftung in 80 Ländern aufgebaut hat. Die Jugendlichen geben ihr die Kraft für dieses Leben, sagt sie. Und umgekehrt ist sie für viele junge Frauen, die in die Forschung wollen, ein ermutigendes Beispiel. Sie, Diane Fossey und Birute Galdikas, die Gorilla- und die Orang-Utan-Forscherinnen. Sie alle seinen von dem britischen Paläontologen Louis Leakey entdeckt worden, sagt Goodall. Und dass Frauen es als Forscherinnen leichter hätten, weil sie geduldiger seien. Ganz wie bei den Affen. Was die Männer- und Frauenrollen angeht, lebten Schimpansen sehr traditionell. So, wie sie es für sich sicher nie akzeptiert hätte.

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