zum Hauptinhalt

Berlin: Wandertage zum Schulbeginn

Unterrichtsausfall und fehlende Lehrer – der Start ins Jahr der großen Bildungsreform war teilweise holprig

Ohne Probleme ging’s nicht, aber ein flächendeckendes Chaos blieb aus: Das Berliner Super-Reformschuljahr startete teilweise holprig. Einen umfassenden Überblick gibt es jedoch noch nicht. Schulleiterverbände und Landeselternausschuss erwarten in den nächsten Tagen den Rücklauf ihrer Umfragen. SPD- und Linkspartei schalten Mittwoch und Donnerstag eine Info-Telefonnummer.

Die Aufmerksamkeit gilt zwei Fragen: der Lehrerausstattung und dem Stand der Bauarbeiten. Mancherorts wurden Lehrer und Schüler davon überrascht, dass sie draußen bleiben mussten. So kann an der neuen Kreuzberger Sekundarschule Graefestraße noch tagelang kein Unterricht stattfinden. „Das Architekturbüro hat die Zielvorgabe nicht eingehalten“, sagte gestern Bildungsstadträtin Monika Herrmann (Grüne) auf Anfrage. Da der Sanitärtrakt nicht fertig ist, wurden Schüler und Lehrer auf einen unerwarteten Wandertag geschickt. Erst nächste Woche rechnet Herrmann damit, dass der Unterricht beginnt. Sie sei „richtig sauer“ darüber. Betroffen von den „massiven Problemen bei der Bauplanung“ seien auch die neue Grundschule in der Scharnweberstraße und eine Schule für autistische Kinder in Friedrichshain. Wander- und Projekttage einlegen muss auch die neue Röntgen-Sekundarschule: Aufgebrachte Eltern berichten, dass viele Räume noch rund zwei Wochen lang nicht benutzbar seien: Kisten und Schränke stünden herum. Die Lehrer seien aufgefordert worden, „die Zeit sinnvoll zu füllen“. Wie das mit pubertierenden Neuköllner Schülern tagelang klappen soll, weiß allerdings keiner so genau.

Überraschend kommen die Probleme nicht. Angesichts dessen, dass Berlin zurzeit allein aus Konjunkturmitteln 150 Millionen Euro an Schulen verbaut, war nicht erwartet worden, dass alle Arbeiten und dazu die komplexen Planungen für die Sekundarschulen komplett abgeschlossen sein würden. Der grüne Bildungspolitiker Özcan Mutlu sagte, trotz des teilweise „miserablen Starts“ sei die schnelle Einführung der Sekundarschulen richtig gewesen: „Ein weiteres Jahr mit Hauptschulen konnte sich diese Stadt in Anbetracht der Bildungsmisere nicht leisten“. In Bezug auf die Lehrerausstattung gab es gestern sehr unterschiedliche Aussagen. Der Personalrat Tempelhof-Schöneberg berichtet von 45 fehlenden Pädagogen – rund ein Prozent des Gesamtbedarfs. Die Leiterin der Lichtenberger Hermann-Gmeiner-Schule, Uta Schröder, erwartet generell, dass Sonderpädagogen und Kräfte für die jahrgangsgemischten Klassen fehlen.

Entspannt hat sich die Lage in Steglitz-Zehlendorf. Noch vor den Ferien waren hier besonders viele Gymnasien in Sorge gewesen. Inzwischen konnten viele Probleme gelöst werden. Noch nicht vollzählig sind die Kollegien an der Willi-Graf-, Siemens- und Goethe-Schule. Letztere erwartet in dieser Woche „jede Menge Unterrichtsausfall“. Ein Gymnasium, das nicht genannt werden möchte, braucht noch fünf Lehrer.

Der Leiter des Verbandes der Oberstudiendirektoren, Ralf Treptow, forderte, dass die Lehrer- und Referendarseinstellung „endlich früher beginnt, damit die Schulen planen können“. Paul Schuknecht vom Verband der GEW-Schulleiter erwartet, dass endlich „der Bildungssenator und nicht der Finanzsenator entscheidet, wie viele Lehrer eingestellt werden“. Der Philologenverband sprach am Montag von bundesweit bis zu 45 000 fehlenden Lehrern. Allein in den Naturwissenschaften und in der Mathematik sind es rund 30 000 (Seite 12).

Die „Hotline zum Schulstart“ von SPD und Linkspartei ist am 25. und 26.8., 17 bis 19 Uhr geschaltet (Telefonnummer 23251700).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false