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Berlin: War die Polizei zu zögerlich?

Terror vor der Kita: Gegen diese Art der Bedrohung gibt es Gesetze – man muss sie nur anwenden, sagen Politiker

Kinderschreck, Rechtsextremist, Nervensäge, Querulant, mutmaßlicher Volksverhetzer: Roland T., der in Lichtenrade Kinder und Eltern vor einer Kindertagesstätte in seiner Nachbarschaft terrorisiert, gehört einer besonders unangenehmen Sorte Mitmensch an. Er pöbelt, er droht mit Gewalt, er führt den Schäferhund vor – und reißt sich gerade so weit zusammen, dass man seine Gewaltbereitschaft ahnt, aber nicht erlebt. Dem Kita-Terroristen aus Lichtenrade hat sein Verhalten wie berichtet eine Aufenthaltsverbotsverfügung eingetragen: Er darf sich der Kita sechs Monate lang nicht nähern. Beim Verstoß gegen die Verfügung droht Roland T. ein Bußgeld. Solche gewaltbereiten Pöbler im Haus oder in der Nachbarschaft scheinen sich um Rechte anderer nicht zu kümmern. Doch braucht es, um solche Leute an die Rechte anderer zu erinnern, keine neuen Vorschriften.

Die fast einhellige Meinung Berliner Politiker sagt: Es gibt die passenden Gesetze. Es wäre an der Polizei – und an denen, die sich terrorisiert fühlen –, etwas nachdrücklicher gegen Querulanten vorzugehen. So hat sich Volker Ratzmann, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, „gewundert, wie zögerlich die Polizei da war“. Seiner Einschätzung nach hätte die Polizei nicht erst bis zu einem Handgemenge zwischen dem Rechtsextremisten und einem aufgebrachten Vater warten müssen, um das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) anzuwenden und einen Platzverweis gegen T. auszusprechen. Auch hätte die Polizei die Eltern oder die Erzieher in der Kita früher auf die Möglichkeit einer zivilrechtlichen einstweiligen Verfügung gegen T. hinweisen können.

Ähnlich sieht es FDP-Fraktionschef Martin Lindner: Gewalt beginne in dem Moment, in dem sie angedroht werde, sagt er. Kinder bekämen dann Angst, trauten sich nicht mehr in die Kita, ohne dass etwas geschehen sei. „Rechtzeitig, bevor die Sache eskaliert“, müsse sich die Polizei um Leute kümmern, die mit Gewalt drohen. Die Vorschriften reichen, meint auch die PDS-Innenpolitikerin Marion Seelig. Doch bei Bedrohung sei es wie bei der häuslichen Gewalt oder beim „Stalking“, dem manischen Verfolgen einer Person: Es gebe ein „Vollzugsdefizit“ bei den rechtlichen Möglichkeiten, sich zu wehren.

Dass es diverse Rechtsmittel gegen Querulanten gibt, mindert das üble Gefühl der Bedrohten nicht. Und doch müsse das Urteil darüber den Richtern überlassen blieben, sagt der SPD-Rechtspolitiker Hans-Georg Lorenz. Er weiß aus seiner vor allem mit Ausländerangelegenheiten befassten Anwaltskanzlei, dass eine angebliche Bedrohung auch bloß behauptet werden könne, um etwa den in Scheidung lebenden Ehemann unter Druck zu setzen. Der CDU-Rechtspolitiker Andreas Gram erinnert an die Möglichkeit der sozialpsychiatrischen Begutachtung von Leuten wie Roland T.. Notfalls müsse man solche Leute eben in die Psychiatrie einweisen. Das allgemeine Interesse gehe vor, sagt Gram: „Die Leute haben ein Anrecht auf Schutz.“

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