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Berlin: Warten auf das Wahlergebnis 2002

In zwei östlichen Bezirken werden die Stimmen zur Bundestagswahl 2002 nachgezählt – ein aufwändiges Verfahren, das am Resultat kaum etwas ändert

Die Luft im Keller des Bürgeramtes in Hohenschönhausen ist trocken. Durch die kleinen Fenster fällt nur wenig Tageslicht auf die eng beieinander stehenden Schreibtische, an denen sich Menschen durch riesige Papierstapel kämpfen. Die großen Kartons tragen Aufschriften von Wahlbezirken für die Bundestagswahl 2002. 16 Mitarbeiter öffnen jeweils zu zweit noch einmal die Kartons mit den Stimmzetteln. Mehrere Einsprüche gegen das Wahlergebnis veranlassten den Berliner Landeswahlleiter Andreas Schmidt von Puskas zu dem aufwändigen Akt in den Wahlkreisen Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf. Mindestens zwei Wochen wird die Nachzählung dauern.

Die aus verschiedenen Abteilungen der Bezirksämter herbeigerufenen Angestellten konzentrieren sich nur auf die Stimmzettel, auf denen die PDS-Kandidatinnen Petra Pau und Gesine Lötzsch als Erststimme angekreuzt wurden. Das sind riesige Berge. Insgesamt 109 857 Wähler in beiden Ost-Bezirken hatten die PDS-Frauen zu den Siegerinnen in den Wahlkreise gemacht.

Pau und Lötzsch zogen in den Bundestag, obwohl die PDS insgesamt an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. „Wir schauen nun, für welche Parteien diese Wähler ihre Zweitstimme abgegeben haben“, sagt Cornelia Schulze, Chefin der Auszählung im Bürgeramt Hohenschönhausen. „Das Ergebnis geben wir dem Landeswahlleiter weiter.“ Der reagierte mit seiner Anweisung auf den Einspruch mehrerer Personen. Sie zweifeln das Ergebnis der Bundestagswahl 2002 an, zumal der Vorsprung der SPD sehr knapp war. Die Sozialdemokraten lagen bundesweit mit nur 6027 Stimmen vor der CDU/CSU.

Die Unterlegenen machen sich eine Lücke im Bundeswahlgesetz zur Wertung der Zweitstimmen zunutze, die über die Zusammensetzung des Bundestages entscheiden. Geert Baasen aus der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters erklärt den Hintergrund der Einsprüche. „1988 gab es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Danach dürfen Zweitstimmen derjenigen Wähler nicht berücksichtigt werden, die ihre Erststimme siegreichen Wahlkreiskandidaten gegeben hatten, die Partei aber selbst an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.“ Die Zweifler nehmen an, dass viele PDS-Erststimmen-Wähler ihre Zweitstimme der SPD gegeben haben. Diese müssten dann aber vom Gesamtergebnis abgezogen werden, so dass die Union womöglich doch Sieger bei den absoluten Stimmen wäre. Die SPD bliebe aber stärkste Fraktion, weil sie mehr Direktmandate errungen hatte. Die ersten Blicke auf die Stimmzettel gaben den Anfechtern der Ergebnisse Recht. Die meisten PDS-Erststimmen-Wähler gaben ihre Zweitstimme der SPD.

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