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Was machen wir heute?: Ins Auge gehen

Wie eine Mutter die Stadt erleben kann.

Kleine Mädchen haben meist eingeschränkte Berufswünsche. Entweder wollen sie Friseurin werden, weil man da schöne Frisuren machen kann. Oder Tierärztin – Tiere sind ja süß, und um die möchten sie sich gerne kümmern. Charlotte hingegen wollte nie Friseurin oder Tierärztin werden; sie war frühzeitig Realistin. Bei beiden Jobs erkannte sie den Ekelfaktor. Ungepflegte, fettige Haare fand sie schon immer abschreckend, und ein Tierdoktor hat auch eine Menge unappetitlicher Dinge zu erledigen. Das wusste sie spätestens, als in der ersten Klasse Freundin Sarah stolz den zerfetzten Luftballon präsentierte, der aus dem Bauch ihrer Katze herausoperiert worden war. Der stank und war ganz fies schmierig.

Letztens erkannte ich jedoch meine Tochter nicht wieder. Sie erzählte begeistert vom Schweineaugensezieren in der Schule. Dabei waren wir uns noch vor Jahren einig, dass sie keinesfalls beim anscheinend obligatorischen Augensezieren in der neunten Klasse mitmachen muss. Ich hätte ihr jede Entschuldigung geschrieben. Denn mit Verlaub – Augen zu zersäbeln finde ich total eklig. Ich denke nur an Bunuels „Andalusischen Hund“, an den Schnitt mit der Rasierklinge ins Auge einer Frau, das in Wirklichkeit ein Kuhauge war. Zunächst hatte sich die Mädchenclique um Charlotte im Biologieunterricht auch kein Auge bestellt. Sie wollten sich aufs Zuschauen beschränken. Als aber alle anderen mit dem Skalpell zugange waren, ließ meine Tochter sich doch das scharfe Messerchen geben für den beherzten Schnitt durch die Netzhaut zum Freilegen von Glaskörper und Linse.

Da Charlotte inzwischen kein kleines Mädchen mehr ist, rückt die nachschulische Zukunft näher. Jetzt steht das Schülerpraktikum an. Aber trotz des Schweineaugenerlebnisses ist da nicht der Tierarzt gefragt. Auch nicht der Frisiersalon.

Am kommenden Samstag laden die Berufsinformationszentren Mitte (Friedrichstraße 39) und Hellersdorf (Janusz-Korczak-Str. 32) von 11 bis 15 Uhr zum Tag der offenen Tür unter dem Motto „Berufswahl- ein Thema für die ganze Familie“ ein.

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