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Was macht die Familie?: Facebook-Profile ausspionieren

Wie eine Mutterdie Stadt erleben kann.

Wir leben in einer globalisierten Welt. Abschotten geht nicht. Ständig sind unsere Kinder Vergleichen ausgesetzt, was etwa ihre Altersgenossen in Skandinavien alles wissen oder wie ehrgeizig die nachwachsende Generation in Asien nach ihren Jobs trachtet. Ich vergleiche auch gerne – aber eher, um mal wieder die Verhältnisse geradezurücken, um mich zu erden. Manchmal neigt man ja doch dazu, seine eigenen Vorstellungen zum Maßstab aller Dinge zu machen.

Ein kleines Beispiel: Hin und wieder haben Charlotte und ich sehr unterschiedliche Auffassungen von dem, was bei Outfits geht und was nicht. Wenn etwa die Höhe der Absätze in dem Maße steigt, wie der Rock immer kürzer und mein Kreischen „So kannst du doch nicht rausgehen, Kind!!!“ hysterischer wird, dann brauche ich ein Korrektiv. Das geht gut, wenn ich bei Facebook Seiten stalke und mir Profile ihrer Freundinnen aus Großbritannien oder Irland ansehe: Aufgebrezelte, schwerst geschminkte Party-Mädels mit mindestens 20 Zentimeter hohen Plateauschuhen und Röcken, die eher wie ein Gürtel aussehen, zeigen freudig ein tiefes Dekolletee und schwenken dabei Weinglas oder Bierpulle. Dagegen sieht meine Charlotte doch fast wie ein biederes Mädchen vom Land aus. Meine amerikanische Freundin Susan macht es genauso. Auch sie schaut gerne in internationale Profile. Den Look der britischen Mädels nennt sie übrigens edgy – was ich in diesem Zusammenhang mit „grenzwertig“ übersetzen würde.

Apropos Susan: Wenn sie an die Ausbildung ihrer drei Kinder denkt, wird ihr ganz schummrig. In einigen Jahren müssen sie und ihr Mann Collegegebühren von rund 100 000 Dollar pro Kind für ein Bachelorstudium aufbringen. Die beiden überlegen bereits, ob sie den ältesten, 15-jährigen Sohn sportlich mehr antreiben müssen, damit er ein Stipendium bekommen kann. Rudern wäre nicht schlecht, da ist die Konkurrenz nicht so groß wie etwa bei Basket- oder Baseball. Bei diesen Summen würde mir angst und bange.

Und am französischen Schulsytem müsste ich wohl auch verzweifeln. Gerade hatten wir eine Austauschschülerin zu Gast. Ihre Erzählungen ließen hiesige Klagen über das Turbo-Abi beinahe banal erscheinen. Mélanie und ihre Freunde berichteten von Schultagen, die täglich bis 17.30 Uhr dauern, und von Hausaufgaben fast bis Mitternacht.

Aber was das Outfit angeht, da sind die Mädchen aus Paris denen aus Berlin sehr ähnlich. Gut, dass wir mal verglichen haben. Sigrid Kneist

Infos über amerikanische Sommer-College-Programme für Schüler: www.studenteducationprograms.com.

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