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Was macht die Familie?: Nachts unterwegs

Wie ein Vaterdie Stadt erleben kann.

Neulich beim Elternsprechtag hat doch Leos Lehrerin tatsächlich gesagt, sie glaube, dass er langsam in die Pubertät komme. Uns war die Idee auch schon gekommen, aber wir hatten sie immer gleich als abwegig verworfen. Er ist schließlich erst neun! Aber vielleicht geht es gar nicht um Hormone, sondern darum, dass Kinder heutzutage so behandelt werden, als ob sie schon größer wären, als sie sind, und dann verhalten sie sich tatsächlich so. Alles müssen sie immer selbst entscheiden, überall haben sie die Wahl – selbst in der Schulkantine gibt es drei (allerdings gleichermaßen fürchterliche) Menüs und nicht einen großen Topf. Und dann sind die kleinen selbstbestimmten Jungen und Mädchen eben ganz groß und machen alle Faxen, die Große machen – erst recht, wenn sie Dieter Bohlen im Fernsehen gesehen haben. Die Jungen werden zu Aufschneidern, die Mädchen zu Diven. Aber es steckt mehr dahinter, eine Identitätssuche, wie man sie eben aus der Pubertät kennt, bloß ohne Pickel. Mit neun (und leider auch noch mit zwölf ...) bekam ich den immer gleichen Haarschnitt, weil den meine Mutter praktisch fand, heute diskutieren wir mit Leo allen Ernstes über Dreadlocks. Und er hat ständig Kopfhörer im Ohr, Musik ist auf einmal wichtig, Coolness geht über alles, Privatsphäre wird eingefordert. Ich will ihm helfen, denn an meine Pubertät erinnere ich mich mit Grauen, aber vermutlich ist das so falsch, wie den Kindern bei allem die Wahl zu geben. Vielleicht kann ich gar nicht helfen, sondern muss die nächsten Jahre einfach ganz stark sein. Aber hoffentlich dauert es noch, bis er sich die Nächte irgendwo da draußen alleine um die Ohren schlägt. Moritz Döbler

„Nachts im Museum“: Das Museum für Naturkunde (Invalidenstraße 43) bietet für Kinder ab acht Jahren Taschenlampenführungen an: heute um 17.30 Uhr und 19.45 Uhr. Eine telefonische Anmeldung ist erforderlich: 2093-8550. Die Führung kostet sieben Euro für Kinder und zehn Euro für die erwachsene Begleitperson. Und: Taschenlampen nicht vergessen.

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