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Lars Spannagel besucht mit seiner Tochter auch Warane.

© dpa/picture-alliance

Was macht die Familie?: Selfie-Fotos und Warane beleidigen

Unser Autor Lars Spannagel schreibt heute über einen Besuch im Aquarium. Wie ein Vater die Stadt erleben kann - eine Familien-Kolumne.

Als Schüler habe ich vor Wandertagen immer vorgeschlagen, ins Aquarium zu gehen. Die Vorteile lagen auf der Hand: nicht weit weg, schön warm drinnen, coole Viecher, nach zwei Stunden ist man durch. Leider konnte ich mich damit nur selten durchsetzen, meine Klasse schleppte mich zum Eislaufen oder in den Tegeler Forst, einmal sind wir mit dem Zug sogar nach Dresden gefahren. Am Wandertag!

Bis zur Einschulung meiner Tochter wird noch eine Weile vergehen. Mit ihren zweieinhalb Jahren ist sie aber jetzt schon im perfekten Aquarium-Alter. Und da die Spielplatz-Saison immer noch auf sich warten lässt, haben wir letzte Woche einen Vater-Tochter-Wandertag unternommen. Schließlich ist es für Eltern eine der größten Freuden, mit dem Kind an wichtige Orten der eigenen Jugend zurückzukehren.

Jola wollte im Aquarium sofort zu den Haien und flitzte los. Entsprechend groß war die Enttäuschung, als wir entdeckten, dass das Haibecken wegen Renovierungsarbeiten zurzeit keine Haie beherbergt und komplett abgeklebt ist. Große Fische gibt es aber natürlich trotzdem genug. „Sind das auch Haie?“, fragte Jola hoffnungsvoll und deutete auf das Süßwasserbecken mit den Fischen aus Südostasien. Was tun? Biologisch unkorrekt sein und die Frage bejahen? Oder verneinen und das Kind enttäuschen? Ein unauffälliger Blick auf die Informationstafel half mir weiter. „Die heißen Riesen-Haiwelse“, sagte ich. „So ’ne Art Haie.“ Jola war zufrieden.

Früher stand zwar niemand vor dem Becken mit den Pazifischen Ohrenquallen und machte Selfie-Fotos – ansonsten hat sich im Aquarium seit meiner Kindheit nicht viel verändert. Bunte Fische sausen geschäftig im Halbdunkel umher, braune Leguane liegen regungslos unter ihren Wärmelampen, Frösche und Stabheuschrecken sind in ihren Terrarien so gut wie unsichtbar. Rückenfreundlich ist ein Besuch im Aquarium sicher nicht – die meisten Becken liegen nicht auf Augenhöhe kleiner Kinder, ständig musste ich meine begeisterte Tochter hochheben. Dass sie zwei australische Fischwarane völlig grundlos als „Kacka-Echsen“ titulierte, ignorierte ich souverän.

Im Krokodilhaus sieht es nicht nur so aus wie früher, es riecht auch so. „Schläft der?“, fragte Jola mit Blick auf einen trägen Gangesgavial. „Nee, der ist nur faul“, sagte ich. „Wrumm?“, wollte Jola wissen. „Naja, Tiere dürfen auch mal faul sein“, sagte ich. „Und Menschen?“ „Klar“, sagte ich, Menschen dürfen auch mal faul sein.“ Solche Dinge kann man nicht früh genug lernen.

Das Aquarium ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet, Kinder bis fünf Jahre haben freien Eintritt. Wann die Haie zurückkommen, steht noch nicht fest.

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