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Wie einer bowlt, so ist er auch.

© imago/foto2press

Was macht die FAMILIE?: Sich beim Bowling Respekt verschaffen

Wie eine Mutter die Stadt erlebt und was sie dabei über ihre Kinder lernt

Von Fatina Keilani

Drei Finger in die Löcher, zwei Schritte, ein Wurf: Bäm! Nur ein Pin bleibt stehen, und diesen räume ich souverän mit dem nächsten Ball ab. „Yo Mama, cool! Ein Spare!“, ruft mein Großer. Ich freue mich. In seiner Stimme liegt eine Art Respekt. Er hat es sogar mit dem Handy gefilmt.

Kurz zuvor hatten wir noch bei meiner Mutter vor dem Fernseher gehangen, uns mit YouTube-Filmchen gelangweilt, als ein Bowling-Video auftauchte und alle Kinder riefen: „Aujaa! Können wir bowlen gehen?“ – „Klar“, sagte ich, froh, ein Projekt zu haben und vergessend, dass wir uns in der westdeutschen Provinz befanden. Wir mussten sogar die Landesgrenze nach Niedersachsen überschreiten, um das nächste geöffnete Bowlingcenter zu finden, und waren auf dieser Geisterbahn dann die einzigen Gäste. Andererseits dauerte die Anreise mit dem Auto 25 Minuten – so lange brauchen wir in Berlin mindestens.

Beim Bowlen lässt sich, wie bei allen Aktivitäten eigentlich, die Persönlichkeit der Kinder gut studieren. Der Große beispielsweise ist wie sein Vater: Er verausgabt sich völlig, arbeitet für sein Ziel, will gewinnen. Das erste Spiel, also zehn Frames, entschied er souverän für sich. Die neunjährige Schwester – ich bin überzeugt, sie wird mal Wissenschaftlerin – ist ähnlich. Zwar schuftet sie körperlich nicht so wie er, aber wenn sie sich ein Ziel setzt, dann arbeitet sie dafür mit großer Präzision. Sie wollte wohl den Bruder in seiner Gewissheit erschüttern, dass er die überlegene Lebensform darstellt – und gewann das zweite Spiel.

Anstrengungsloser Erfolg sichert das Missfallen der Geschwister

Das konnte er natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Er konzentrierte sich, bot nochmal alles auf – und gewann das dritte und letzte Spiel. Interessant waren die anderen beiden Kinder. Die Zwillingsschwester des Großen, zwölf Jahre alt, warf ohne Ehrgeiz, traf selten, wurde Letzte und tat so, als ob es ihr egal wäre. In präpubertärer Bocklosigkeit saß sie da, meist abgewandt.

Und der Kleinste mit seinen acht Jahren? Wurde im letzten Spiel Zweiter! Das gönnte ihm keiner, denn er hatte sich null angestrengt. Er warf den Ball einfach irgendwie, und komischerweise gelang es ihm mit dieser Wurschtigkeits-Wurftechnik, ziemlich viele Pins umzuhauen.

Das frustrierte die anderen mächtig! Leistung und Erfolg müssen für sie im Zusammenhang stehen, und wenn ein Leistungsverweigerer trotz Scheißegal-Haltung Erfolg hat, grenzt das ans Unerträgliche. Der Misserfolg der Schwester war in den Augen der anderen verdient, schließlich hatte sie sich nicht angestrengt. Aber der Erfolg des Kleinen empörte alle. Nur den Kleinen nicht. Er bestellte sich das dickste Eis und genoss es.

In Berlin gibt es über die Stadt verteilt an die 20 Bowlingbahnen. Eine Bestenliste findet man auf dem Stadtteilportal www.qiez.de.

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