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Bei der Diebstahlgefahr erhält Berlin eine glatte Fünf.

© Doris Spiekermann-Klaas

Was Radlern auf die Ketten geht: Im "Fahrradklima-Test" schneidet Berlin nicht gut ab

Wege sind zugeparkt, holprig und zu schmal: Bei einer großen Umfrage des ADFC liegt die Hauptstadt nur im hinteren Mittelfeld. Großer Gewinner ist Münster, das nur in einem Punkt krachend durchfällt.

Gerade hat der Radlerclub ADFC den aktuellen „Fahrradklima-Test“ über die Verhältnisse in deutschen Städten vorgelegt. Berlin ist fahrradklimatisch demnach stark bewölkt mit nur vereinzelten Aufheiterungen: Von 38 Städten mit mehr als 200 000 Einwohnern landet Berlin auf dem 24. Platz. In Schulnoten ausgedrückt, liegt die Hauptstadt mit einer 4,01 ein Zehntel hinter dem Städteschnitt von 3,91. Münster (Gesamtnote 2,61) führt die Liste vor Freiburg und Karlsruhe klar an. Am unteren Ende stehen Wiesbaden und Wuppertal, die mit Note 4,55 bei den Radlern jeweils durchfallen.

Für die vom Bundesverkehrsministerium geförderte und vom Meinungsforschungsinstitut Infas aufbereitete Umfrage wurden rund 80 000 zumeist online ausgefüllte Fragebögen ausgewertet, davon 2375 aus Berlin. 27 Einzelfragen waren auf einer Skala nach dem Prinzip „Trifft zu … trifft nicht zu“ zu beantworten. Weil die Umfrage vor allem über den ADFC propagiert wurde, ist sie im Wesentlichen aus dem Urteil regelmäßiger Radler gespeist.

Relativ gute Einzelergebnisse holt die Hauptstadt trotz ihrer Größe bei der Erreichbarkeit des Stadtzentrums und der Möglichkeit, zügig und ohne Umwege ans Ziel zu gelangen. Auch ist Fahrradfahren aus Sicht der Teilnehmer hier selbstverständlicher als im Bundesdurchschnitt und das Angebot an Leihfahrrädern vergleichsweise gut. Bei Preis und Qualität der Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln schneidet Berlin mit Note 3,76 zwar nicht gut ab, aber immer noch besser als die meisten anderen Großstädte.

Glaubt man der Studie, ist Berlin offenbar kein Paradies für Radfahrer.
Glaubt man der Studie, ist Berlin offenbar kein Paradies für Radfahrer.

© dpa

Katastrophal sieht es dagegen vor allem bei für Alltagsradler besonders wichtigen und sicherheitsrelevanten Kriterien aus: Fast alle kreuzten an, dass parkende Autos auf Radwegen „großzügig geduldet“ würden. Die Note 5,18 in dieser Kategorie bedeutet nicht nur den schlechtesten Berliner Einzelwert, sondern auch eine Ohrfeige für Polizei und Ordnungsämter. Außerdem wurden Radwege ganz überwiegend als zu schmal, holprig und mit Hindernissen gespickt empfunden – kein Ruhmesblatt für den Senat, der vor mittlerweile mehr als acht Jahren die erste Radverkehrsstrategie beschlossen hat (die für Mitte 2012 avisierte Neuauflage lässt wegen Streits zwischen verschiedenen Senatsverwaltungen weiter auf sich warten) und jetzt Schulnoten von 4,5 und schlechter für diese Bereiche bekommt. Allerdings schneidet auch die Mehrzahl der anderen Großstädte in diesen Punkten nur wenig besser ab.

ADFC-Landesgeschäftsführer Philipp Poll sagt: „Laut dem Nationalen Radverkehrsplan der Bundesregierung müssten zehn bis 15 Euro pro Person für Neubau und Unterhaltung von Radverkehrsinfrastruktur ausgegeben werden. In Berlin sind es nicht einmal drei Euro pro Kopf. Das ist offenkundig zu wenig“, sagt Poll. „Außerdem verpasst der Senat die Chance, das eigentlich positive Image des Radverkehrs zu befördern.“

Bei der Diebstahlgefahr erhält Berlin eine glatte Fünf. Einziger Trost: In der Gewinnerstadt Münster dominiert der Eindruck, dass ständig Fahrräder geklaut werden, noch stärker: Note 5,19. Offenbar will in Münster wirklich jeder unbedingt ein Fahrrad haben.

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