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Berlin: Was sie wollen

Gerd Nowakowski über den unerwarteten Erfolg einer Demonstration Da haben alle daneben gelegen mit ihren Schätzungen. Selbst die Veranstalter hatten nur mit 100 000 Menschen gerechnet.

Gerd Nowakowski über den unerwarteten Erfolg einer Demonstration

Da haben alle daneben gelegen mit ihren Schätzungen. Selbst die Veranstalter hatten nur mit 100 000 Menschen gerechnet. Nicht einmal Sonderzüge hatte die Bahn eingerichtet. Die Polizei ging am Vorabend noch von 50 000 Teilnehmern aus. Nun sind es zehnmal mehr geworden, die friedlich für den Frieden auf die Straße gingen. Ein Erfolg ohne jede Vorankündigung. Zehntausende erreichten gar nicht erst die Kundgebung an der Siegessäule; der Tiergarten war voller Menschen wie bei der Love Parade. Genauso friedfertig war es in der ganzen Stadt, auch wenn der Verkehr zusammenbrach. Berlin nahm den Ausnahmezustand gelassen. Der machtvolle Aufzug steht in der Reihe der großen Demonstrationen, von der Signale für ganz Deutschland ausgingen: als 2000 zweihunderttausend Menschen gegen Fremdenfeindlichkeit auf die Straße gingen, als am 4. November 1989 auf dem Alex eine Million Menschen das Ende der DDR einläuteten oder nach dem 11. September auf dem Pariser Platz zweihunderttausend Berliner ihre Solidarität mit den USA zeigten. Es bleibt das Staunen darüber, was gestern so viele Menschen bewegt hat, sich zu engagieren. Sie haben der Politik gezeigt, was sie wollen. Die ergrauten Pazifisten waren eine Minderheit, dafür waren viele Familien mit Kindern dabei und zahlreiche Jugendliche. Die Sorge vor einem Krieg und vor unschuldigen Opfern eint die Generationen, nicht aber ein AntiAmerikanismus. Die paar Rechtsradikale und hasserfüllte Islamisten sind untergegangen in der halben Million. Auch das ist eine gute Nachricht.

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