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Blick auf die Berliner Innenstadt und den Fernsehturm.

© Getty Images

Was steht an, wer kandidiert?: Das wird 2021 in Berlins Bezirken wichtig

Was dieses Jahr von Zehlendorf bis Pankow passiert, wer wichtig wird und was bei den Wahlen zu erwarten ist – der große Überblick aus unserer Leute-Redaktion.

Diverse Bauprojekte, die Verkehrswende und vor allem Wahlen: Wer kandidiert und was in den zwölf Berliner Bezirken 2021 ansteht, haben die Autorinnen und Autoren unserer Leute-Bezirksnewsletter zusammengetragen.

Mitte

Eine neue Generation junger Politikerinnen bringt sich zur Bundestagswahl in Stellung. Für die SPD will die ehemalige Berliner Juso-Chefin Annika Klose das Direktmandat gewinnen. Das hatte sonst Eva Högl geholt, die nun Wehrbeauftragte des Bundestages ist. Zuletzt schaffte es die SPD-Politikerin nur knapp. Diesmal könnte die Direktkandidatin der Grünen, Hanna Steinmüller, vom Umfragehoch ihrer Partei profitieren. Auch für die CDU tritt mit Ottilie Klein eine junge Frau an.

Stephan von Dassel will Bezirksbürgermeister bleiben und hat es gerade noch auf den Stimmzettel der Grünen geschafft. Im Herbst hatte er die Stichwahl gegen seinen parteiinternen Herausforderer Tilo Siewer knapp gewonnen. Schulstadtrat Carsten Spallek (CDU) will ebenfalls Bezirksbürgermeister werden.

Weiterhin ein wichtiges Thema: Zu hohe Mieten. Deshalb wird gebaut. Auf der Fischerinsel entstehen beispielsweise gerade 210 neue landeseigenen Wohnungen.

Und dann bekommt Mitte noch eine neue Sehenswürdigkeit. Ende 2021 ist Baustart beim House of One. Das soll Synagoge, Moschee und Kirche unter einem Dach vereinen.

Friedrichshain-Kreuzberg

Der Bezirk will 2021 in Sachen Verkehrswende berlinweit weiter vorangehen. Bereits im vergangenen Frühjahr wurden mehr als elf Kilometer Pop-Up-Radwege geschaffen, dieses Jahr sollen sie dauerhaft werden. Noch mehr Verkehrswende: Der Bergmannkiez ist als „Modellprojekt für den Kiez der Zukunft“ auserkoren, bekommt eine Fußgängerzone und weniger Durchgangsverkehr.

Neben den Herausforderungen der Pandemie nennt Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) das Vorgehen gegen Müll und Verwahrlosung als weiteres wichtiges Thema für 2021. Dafür fordert die CDU ein Beleuchtungssystem im gesamten Görlitzer Park, die Grünen setzen auf mehr „aufsuchende Sozialarbeit“.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) will vor allem das Müll-Problem im Bezirk angehen.
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) will vor allem das Müll-Problem im Bezirk angehen.

© Christoph Soeder/dpa

Für Zank wird das Bauprojekt Karstadt am Hermannplatz sorgen. Die FDP sieht im Abriss und Neubau des Investors Signa die Chance für einen neuen „Anziehungspunkt“. Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) und Kiezinitiativen sorgen sich um lokales Gewerbe.

Wer bleibt, wer geht? Ob der Baustadtrat seinen Posten behält, wird die Abstimmung der Abwahlanträge zeigen. Für die nötige Zweidrittelmehrheit müssten auch Grüne dafür stimmen. Eher unwahrscheinlich. Sicher ist: Monika Herrmann will ins Abgeordnetenhaus.

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„Clara Herrmann will ihre Nachfolgerin werden“, verrät Sebastian Forck (SPD). Doch halt! Wen die Grünen aufstellen, entscheide die Partei, sagt die Stadträtin nur. Bis das klar ist und bis der Heinrichplatz Rio-Reiser-Platz heißt, probieren Sie doch einfach die neue faire Bezirksschokolade.

Pankow

Die Kernkonflikte 2021 sind dieselben wie 2020. Sie entzünden sich am explosiven Gemisch von Wohnungsbau, Verkehrsstau und der generellen Überforderung des Bezirksamts mit dem wuseligen Treiben im 400.000-Einwohner-Schmelztiegel.

Allerdings wurde Ende dieses Jahres eine neue Eskalationsstufe erreicht, weil das Bezirksamt einen ziemlich prominenten Gegenspieler erhalten hat: die Bezirksverordnetenversammlung. Es stehen eben Wahlen an, und parteiübergreifend sind fast alle Parteien nach und nach auf die Seite der neubaukritischen Anwohner übergesiedelt.

Die Rollen sind recht klar verteilt: Grüne und Linke bauen sich meist schützend vor der innerstädtischen Klientel auf (Prenzlauer Berg, Pankow, Weißensee), während die CDU bevorzugt geplante Bauvorhaben weiter nördlich in Karow, Französisch Buchholz und Buch kleinmacht.

[Die Autorinnen und Autoren dieses Textes berichten in unseren Leute-Newslettern wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Die SPD schwankte lange eher orientierungslos, hat sich vor allem aus Angst vor einem schlechten Wahlergebnis in Pankow aber inzwischen ebenfalls in die Phalanx der Verdichtungskritiker eingereiht. Erste Konsequenz dieser Entwicklung ist, dass die Komplettbebauung der Elisabeth-Aue praktisch vom Tisch ist.

Und gegen die vom Bezirksamt gewünschten 3000 Wohnungen in Karow und die Nachverdichtung von Wohnsiedlungen in Pankow-Kirche geht die BVV ebenfalls geschlossen vor - indem sie Bebauungspläne aufstellen will, die die geplante Bebauung verhindern sollen.

Wer das eine Große Pankower Nimby-Koalition schimpft, übersieht mindestens ein stichhaltiges Argument gegen die ambitionierten Wohnbaupläne im Nordosten Berlins: Ohne vernünftige Verkehrslösungen ergeben Riesenquartiere auf der grünen Wiese keinen Sinn, sondern machen die Staus nur noch länger. Helfen könnte hier die seit langem angekündigte Untersuchung der Senatsverkehrsverwaltung zum "Verkehrsraum Nordost". Ob die 2021 tatsächlich kommt? Das wird vermutlich die spannendste Frage in Pankow 2021.

Charlottenburg-Wilmersdorf

In Charlottenburg-Wilmersdorf regiert künftig wahrscheinlich eine Frau. Nach zehn Jahren will Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) sein Amt abgeben und bei den Wahlen im Herbst für das Abgeordnetenhaus kandidieren. Als Nachfolgerin hat sich SPD-intern Heike Schmitt-Schmelz beworben, die bisher Stadträtin für Jugend, Familie, Bildung, Sport und Kultur ist. Vom Kreisverband ihrer Partei wurde sie noch nicht als Kandidatin nominiert, wahrscheinlich wird es aber so kommen.

Die CDU hat die Vorsitzende des Ortsverbands Charlottenburg-Nord und stellvertretende BVV-Vorsteherin Judith Stückler auf Platz eins ihrer Bezirksliste und damit zur Bürgermeisterkandidatin gewählt.

Vize-Bürgermeister und Ordnungsstadtrat Arne Herz (CDU) könnte bei einem guten Berliner Wahlergebnis seiner Partei eine leitende Funktion in einer Senatsverwaltung bekommen. Als Direktkandidaten für den Bundestag haben im Wahlkreis wohl nur Klaus-Dieter Gröhler, der seit 2013 für die CDU im Bundestag sitzt, und der bisherige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) eine Chance.

Klaus-Diether Gröhler sitzt seit 2013 für die CDU im Bundestag.
Klaus-Diether Gröhler sitzt seit 2013 für die CDU im Bundestag.

© Deutscher Bundestag/Achim Melde

Ein wichtiges Thema bleibt die Wohnungspolitik. Als mögliche neue Milieuschutzgebiete gelten die Umgebung der Jungfernheide und der Bereich zwischen der Straße Alt-Lietzow und dem Karl-August-Platz. Außerdem ist ein zweites Gutachten über Milieuschutz um den Amtsgerichtsplatz und die Schloßstraße geplant. In der Verkehrspolitik geht es um sichere Schulwege, den Kampf gegen Raser auf dem Kurfürstendamm und neue Radwege.

Spandau

Es ächzt und hupt, und damit sind wir beim Hauptproblem: dem Verkehr. Jede Wiese wurde mit Wohnungen zubetoniert, aber keiner hat an Schienen gedacht. Und es wird noch enger: Siemens-Campus, Charité-Campus, dazu neue Wohnungen für 20.000 Leute allein im Norden. Und die Brandenburger wollen hier auch alle durch.

Die Folge: Die Verkehrssenatorin hat wenig Fans am Stadtrand. Dabei haben die Grünen Potenzial: Junge Familien und Innenstädter sind nach Spandau gezogen, im Rathaus gibt's talentierte Politiker. Hup, Hup, Hurra?

Den Bürgermeister aber stellen CDU oder SPD. Helmut Kleebank, SPD, hört nach zehn Jahren auf und geht in den Bundestag. War kein schnauzbärtiger Grußonkel, sondern kannte Akten, Tricks und hatte Humor. Doch die SPD zerlegt sich doller als geplant (und wird die Verkehrskompetenz an anderer Stelle noch sehr vermissen!). Bürgermeisterkandidat No1 sprang ab, jetzt soll‘s No2 machen: Carola Brückner – sie wäre die 1. Frau nach 100 männlichen Bürgermeistern.

Das Klima? Giftig. Die SPD ist enttäuscht von den Grünen, weil die mit der CDU flirtet. Die Grünen sind enttäuscht von der SPD, weil die ständig Chefchen spielt. Und CDU und SPD haben nicht nur politische Probleme miteinander. Stadtrat Frank Bewig, Jongleur der Top-Ressorts Gesundheit, Verkehr, Bauen, ist CDU-Kandidat als Bürgermeister – und Favorit.

Frank Bewig ist der CDU-Kandidat für den Bürgermeister-Posten. Und Favorit.
Frank Bewig ist der CDU-Kandidat für den Bürgermeister-Posten. Und Favorit.

© André Görke TSP

Applaus zum Schluss: CDU-Mann Peter Trapp, 73, hört im Abgeordnetenhaus auf. Und Gerhard Hanke, CDU, 64, macht Schluss – keiner in dieser Stadt war so lange Stadtrat wie er, seit 1992. Tschö, Dinos.

Steglitz-Zehlendorf

Die Wahlen könnten hier noch spannender werden als sonst: Zum ersten Mal haben die Grünen die Chance auf das Bundestagsdirektmandat (Grüne-Landesvorsitzende Nina Stahr vs. CDU-Ex-Senator Thomas Heilmann), zum ersten Mal könnten Bündnis 90/Die Grünen um die Schloßstraße herum ein Direktmandat für das Abgeordnetenhaus erreichen.

Die Grünen-Kandidatin für das Bundestagsdirektmandat, Nina Stahr. (Archivbild)
Die Grünen-Kandidatin für das Bundestagsdirektmandat, Nina Stahr. (Archivbild)

© Britta Pedersen/dpa

Und auch der Sessel von CDU-Bürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski könnte wackeln: 2016 kam die CDU bei den Wahlen zum Bezirksparlament auf schwache 28,4 Prozent. Als Corona-Krisenmanagerin hat sich SPD-Gesundheits- und Jugendstadträtin Carolina Böhm bewährt - das Bürgermeisterinnenamt wäre ihr zuzutrauen.

2021 wird auch ein Jahr des Bauens. Wichtigstes Projekt: Der Beschluss des Bebauungsplans für das Neubaugebiet der Groth-Gruppe in Lichterfelde-Süd. Am S-Bahnhof Botanischer Garten ist im Herbst der Baustart für den Ersatzbau der Moltkebrücke geplant.

Pläne soll es auch für neue Radanlagen auf dem Breitenbachplatz und die Umgestaltung des Hermann-Ehlers-Platzes geben. Und in Dahlem will im Herbst Galerist Aeneas Bastian zur Vernissage in sein neues Ausstellungshaus einladen. Angekündigt ist für 2021 auch das 600-Laternen-Pilot-Projekt zum Aufladen von E-Autos. Und: Im Frühjahr soll feststehen, wie die bezirkseigene „Geistervilla“ in der Schmarjestraße 14 nach 12 Jahren Leerstand künftig genutzt werden soll.

Tempelhof-Schöneberg

Der derzeit bekannteste Kommunalpolitiker Deutschlands und ehemalige Bundesvorsitzende der Jusos (das ist er am Sonntag, am Freitag wird das Ergebnis für seine Nachfolgerin bekannt) wird die Bezirkspolitik zum Ende der Legislaturperiode verlassen. Kevin Kühnert, der für die Sozialdemokraten in Tempelhof-Schöneberg ein verlässlicher BVV-Verordneter war, zieht es in Richtung Bundestag.

Der frühere Juso-Chef Kevin Kühnert.
Der frühere Juso-Chef Kevin Kühnert.

© dpa

Auch andere bedeutende Politiker aus dem Bezirk wird man nicht mehr an vorderster Stelle sehen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller strebt ebenfalls in die Bundespolitik; Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide ebenfalls SPD) zieht sich aus der aktiven Politik zurück und tritt nicht mehr an.

Um den Chefsessel im Rathaus Schöneberg bewerben sich drei bekannte Bezirksamtsmitglieder: die derzeitige Bezirksvorsitzende Angelika Schöttler (SPD), Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne) und Bildungsstadtrat Matthias Steuckardt (CDU).

Drei große Projekte stehen bis Ende September noch an. Mit der Einführung der kompletten Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahn-Ringes soll begonnen werden; das lange Warten auf einen geschützten Radweg soll ein Ende haben. Und die Bauarbeiten auf der großen Brache an der Friedenauer Höhe sollten auch endlich weitergehen. Und angesichts antisemitischer Vorfälle möchte Bezirksbürgermeisterin Schöttler noch bis zum Sommer ein Bündnis gegen Antisemitismus ins Leben rufen.

Neukölln

Im neuen Jahr gibt es einige größere Projekte, vor allem im Bereich Wohnungsbau und Verkehr: An den Buckower Feldern starten die Bauarbeiten für eines der größten neuen Wohnquartiere der Stadt mit insgesamt 900 Wohnungen. Und auch auf dem Gelände des ehemaligen Blub-Spaßbades sollen 2021 die Bauarbeiten starten und weitere 638 Wohnungen entstehen.

In puncto Verkehr soll in diesem Jahr der - von vielen langersehnte, von anderen verfluchte - Pollerradweg in der Hermannstraße kommen. Auch die Verkehrsberuhigung im Richardkiez soll laut den Plänen des Bezirksamtes weiter voranschreiten.

Und in der Politik? Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) kandidiert erneut, auch sonst könnte die Besetzung im Bezirksamt - je nach Wahlergebnis - ähnlich wie bislang bleiben. So kandidieren auch der bisherige stellvertretende Bezirksbürgermeister Falko Liecke (CDU) und Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) erneut. Bei den Grünen deutet vieles daraufhin, dass auch Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann erneut nominiert wird.

Die Neuköllner Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD).
Die Neuköllner Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD).

© Kitty Kleist-Heinrich

Klar ist allerdings, dass Neukölln in der kommenden Legislaturperiode von einer oder einem neuen Bundestagskandidat*in vertreten wird: Fritz Felgentreu (SPD), der das Direktmandat seit 2013 inne hat, tritt nicht erneut an.

Treptow-Köpenick

Das Wichtigste im wasserreichen Bezirk sind die Brücken. Ende 2021 soll die neue Allende-Brücke über die Spree, die zeitweise komplett gesperrt war, fertig werden. Beim zweiten Nadelöhr, der Elsenbrücke, wird 2021 nur eine Etappe auf der langen Zeitachse bis zum kompletten Neubau sein. Dieses Jahr soll der Bau einer Behelfsbrücke beginnen.

Für die Wahlen im Herbst laufen sich die ersten Kandidaten warm. Bürgermeister Oliver Igel (SPD) tritt wieder an und hat gute Chancen, es nochmal zu packen. Stärkster Konkurrent ist die Linke, aber die hat bislang noch keinen Spitzenkandidaten präsentiert. Frontmann und Vize-Bürgermeister Gernot Klemm hört nach 25 Jahren in der Politik auf.

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Die CDU will der AfD ihr Direktmandat im Wahlkreis Adlershof/Altglienicke abnehmen, dazu hat man sich Generalsekretär Stefan Evers aus Charlottenburg-Wilmersdorf geholt. Die AfD hofft ihr Ergebnis von 2016 (20,1 Prozent) halten zu können und damit wieder einen Stadtrat zu stellen. Der bisherige AfD-Ressortchef für Gesundheit und Umwelt, Bernd Geschanowski, gilt wegen seines Umgangs mit den Rassismus-Vorwürfe eines leitenden Mitarbeiters als angeschlagen.

Marzahn-Hellersdorf

Der Bezirk könnte im Superwahljahr 2021 einer der interessantesten werden. Denn auf allen drei Ebenen sind enge Rennen zu erwarten. Besonders prominent: der Kampf ums Direktmandat für den Bundestag. Fünf Mal in Folge hat Petra Pau den Bezirk gewonnen. Die Bundestagsvizepräsidentin genießt Anerkennung über das eigene Lager hinaus.

Wollen beide in den Bundestag: Mario Czaja von der CDU und Petra Pau von der Linken.
Wollen beide in den Bundestag: Mario Czaja von der CDU und Petra Pau von der Linken.

© promo/Kitty Kleist-Heinrich

Doch der Zuspruch für die Linke ist in der Hochburg über die Jahre gesunken - und nun fordert Ex-Gesundheitssenator Mario Czaja sie heraus. Der Christdemokrat hatte 2016 in Mahlsdorf mit 47,2 Prozent das beste Ergebnis aller Bewerber fürs Abgeordnetenhaus in ganz Berlin erzielt. Er macht Wahlkampf mit einer klaren Ost-Identität, sonst eine Spezialität der Gegenseite.

Auf Landesebene dürfte besonders hart um den Wahlkreis Marzahn-Nord gerungen werden: BVV-Fraktionschef Bjoern Tielebein soll für die Linke Amtsinhaber Gunnar Lindemann bezwingen, der 2016 den langjährigen Linken-Abgeordneten Wolfgang Brauer geschlagen hatte. Lindemann wird dem offiziell aufgelösten besonders rechten „Flügel“ der AfD zugerechnet und ist durch robuste Auftritte in den sozialen Medien zu einem der bekanntesten Politiker seiner Partei in Berlin aufgestiegen. Tielebein kennt sich bestens aus im Bezirk, ist rhetorisch gewandt und debattenstark.

Gleich drei Mitglieder des Bezirksamts bewerben sich fürs Bürgermeisteramt: die Baustadträtin Juliane Witt (Linke), Straßenstadträtin Nadja Zivkovic (CDU) und Schulstadtrat Gordon Lemm (SPD). Den Logenplatz hat Amtsinhaberin Dagmar Pohle inne: Die Linken-Politikerin scheidet aus Altersgründen aus und darf bis zum Herbst jeden Dienstag in der Bezirksamtssitzung beobachten, wie die Kontrahent*innen Spitzen austeilen, wo sie doch eigentlich kooperieren müssen.

Lichtenberg

Die Zeichen stehen auf Wachstum. Daher muss die Infrastruktur ausgearbeitet werden: Neben Schulen und Kitas sollten Verkehrsanbindungen entstehen und vor allem Hohenschönhausen besser an den Öffentlichen Personennahverkehr angebunden werden. Toll wäre es zudem, wenn auch Radwege aus- beziehungsweise überhaupt gebaut werden würden. Hier hingt der Bezirk noch stark hinterher. Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) betonte bereits des Öfteren, hier investieren zu wollen, ebenso wie in den Zustand der Fußwege.

Im Frühjahr soll der Kinderarmutsbericht vorgestellt werden. Schon jetzt ist klar: Jedes dritte Kind in Lichtenberg lebt von Transferleistungen. Das Bezirksamt plant diverse Programme, dem zu begegnen. Ebenso sollen Alleinerziehende stärker unterstützt werden - genau wie Seniorinnen und Senioren.

Auch in Lichtenberg leiden viele Pflegeeinrichtungen unter Todesfällen durch das Coronavirus. Hier gilt es, sich neu aufzustellen. Ein großes Problem ist weiterhin, dass sich kaum Ärztinnen und Ärzte im Stadtrand niederlassen wollen und die Dichte an ärztlicher Versorgung verehrend gering ist. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften werden 2021 Räume für Praxen zur Verfügung stellen. In Hohenschönhausen soll ein Medizinisches Versorgungszentrum entstehen.

Reinickendorf

Das Wahljahr 2021 wird den Bezirk unabhängig vom Ausgang der Wahlen, verändern, weil sich die dominierende Partei, die CDU, stark verändert. Der langjährige CDU-Bundestagesabgeordnete Frank Steffel wurde von seiner eigenen Partei zum Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur gezwungen.

Für seine Nachfolge steht Monika Grütters bereit, die heutige Kultur-Staatssekretärin in der Bundesregierung. Sie wurde von Frank Balzer durchgesetzt. Der Bezirksbürgermeister seinerseits räumt freiwillig das Rathaus. Er will für die CDU ins Berliner Abgeordnetenhaus.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters soll als Reinickendorfer Bundestagskandidatin nachfolgen.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters soll als Reinickendorfer Bundestagskandidatin nachfolgen.

© imago

Von den bislang sechs direkt gewählten CDU-Abgeordneten treten zwei unfreiwillig nicht mehr an. Jürn Jakob Schultze-Berndt musste seinen sicheren Wahlkreis an Balzer abtreten. Tim-Christopher Zeelen gilt, wie Schultze-Berndt und dessen Frau Katrin, bislang Bezirksstadträtin für Kultur und Bauen, als dem Steffel-Lager zugehörig und ist deshalb in der von Balzer geführten CDU nicht mehr gelitten. Katrin Schultze-Berndt hatte sich berechtigte Hoffnungen auf die Nachfolge Balzers als Bezirksbürgermeisterin gemacht.

Auch in der CDU-Fraktion der BVV wird es Veränderungen geben. Nicht nur deren Vorsitzender, Tobias Siesmayer, Mitarbeiter im Büro von MdB Steffel, steht auf der parteiinternen Opferliste.

Wirtschaftlich wird 2021 für Reinickendorf spannend. Die TXL-Nachnutzung steckt zwar noch in der Planungsphase, aber der Bezirk will sich dabei intensiv einbringen, nicht zuletzt, weil im künftigen Schumacher-Quartier 5000 Wohnungen entstehen. Das künftige Industrie- und Gewerbegebiet westlich davon könnte sich mittelfristig sehr positiv für den Arbeitsmarkt im Norden Berlins auswirken.

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