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Waschbär Alex: Der Kumpel mit der kalten Schnauze

Alex, der Waschbär, lebt seit einem Jahr in einer Tiefgarage am Alexanderplatz. Die meisten mögen den Räuber: Er darf weiter unterm Hotel wohnen.

„Alex? Den habe ich heute früh getroffen“, sagt Cem Atmaca vom Autopflegedienst Safak. Manchmal kommen Autofahrer in der Tiefgarage des Hotel Park Inn aufgeregt zu ihm gerannt: „Ich habe einen echten Waschbären gesehen!“ Klar, sagt er dann, das ist unser Alex. Dauerparkern und Beschäftigten aus dem Parkhaus in Mitte ist das Wildtier längst vertraut. Alex sei „größer und erfahrener geworden“, sagt der Wildtierreferent des Senats, Derk Ehlert, „aber nicht so wohlgenährt, dass sein Bauch auf der Erde schleift“.

Zwei Jahre alt ist das Tier jetzt, und es habe seinen Lebensraum auf den gesamten Alexanderplatz ausgedehnt, erzählt Ehlert. Im Juni 2008 war der Waschbär das erste Mal aufgefallen, Mitarbeiter des Hotels tauften ihn Alex. „Ich finde ihn lustig“, sagt ein Hotelmitarbeiter. Anfangs sahen das nicht alle so. Beunruhigte Gäste wandten sich an die Rezeption, und die damals neue Direktionsassistentin Catharina Cora musste sogar Medienanfragen aus Japan zu dem Tier beantworten.

„Die Hoteldirektion hat sich vorbildlich verhalten“, sagt Wildtierexperte Ehlert. Nach dem ersten Run von „Naturtouristen“ beruhigte sich die Lage. Zoos oder private Tierhalter, die Alex hätten nehmen können, fanden sich nicht. Eine Ausnahmefanggenehmigung für das Tier, dessen Artgenossen in Brandenburg als Plage gelten, wäre in Berlin nicht stattgegeben worden. Von dem Kleinbären gehe keine Gefahr aus, wenn man ihn in Ruhe lasse, sagt Ehlert. Alex auswildern, das hätte nicht geklappt. Der Stadtbär hätte sich nicht zurechtgefunden. Dafür hat Alex gelernt, Autos auszuweichen. Ehlert: „Wenn Waschbären die ersten anderthalb Jahre überleben, ist das Schlimmste geschafft.“ Gefährlich werde es nur noch in der Paarungszeit, „da sind sie schon mal unaufmerksam“. Aber die war im Winter, und da war Alex auch auf Trebe, drei Monate lang nicht zu sehen. Doch ein Weibchen hat er nicht, lebt – berlintypisch – als Single. Wenn der wüsste: Einen Kilometer weiter nördlich hat jemand in einem Mietshaus „komische Geräusche“ gehört. Ehlert hat nachgesehen und mit einem Spiegel in einer Mauerlücke ein Waschbärweibchen mit Jungen entdeckt. Ein Weibchen für Alex? Ach, es könnte auch seine Mutter sein. 150 Waschbärfamilien sind in Berlin heimisch, die ersten waren aus einer Pelzfarm in Brandenburg ausgebrochen.

„Alex ist total süß, neulich hat er eine Stulle aus dem Mülleimer geangelt“, sagt Linda Narweleit, Azubi bei Europcar. Dicht an ihn ran soll man aber nicht, dann faucht er. Autofahrerin Sylvia Pleister aus Pankow stört ein Tier im Parkhaus nicht. „Solange es keine Ratte ist...“ Sie entsetzt etwas ganz anderes: „Dass die Tiefgarage derartig bröckelt.“ Annette Kögel 

Annette Kögel

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