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"Katzenwäsche machen" meint eine eher flüchtige Form des Waschens.

© imago/Shotshop

Wasser sparen durch Katzenwäsche: Nun schlägt die Stunde des Waschlappens

Die Zeiten des ausgiebigen Duschens sind vorbei, es muss gespart werden. Nun heißt es: Solidarisch müffeln. Eine Glosse.

Die beste Betrachtung der alltäglichen Nachkriegshygiene in Deutschland verdanken wir Wolf Biermann: „In die weiß lackierte Eisenbadewanne mit den Flecken / tut der Vater jeden Sonnabend seine Kinder stecken…“ Jeden Sonnabend! Und natürlich stieg, waren die Kinder gesäubert, auch die Mutter in die Wanne, bis schließlich der Vater die dann schon trübe Brühe finalisierte.

Duschen war damals unbekannt, allenfalls wuschen wir uns die Haare mit der Handbrause. Insofern hat der flächendeckende Durchbruch der Duschkabine einen Zivilisationsbruch bedeutet: Einerseits sparten wir Wasser, andererseits verbrauchten wir viel mehr, weil wir nicht mehr am Sonnabend, sondern täglich duschten, gern auch morgens und abends, und hol's der Teufel; auch zur Erfrischung zwischendurch.

Vorbei, klar. Selbst Hollywood-Stars wie Brad Pitt oder Julia Roberts bekennen sich zum „Non-Bathing“, was für sie bedeutet, im Schnitt nur noch alle drei Tage zu duschen, und in Berlin hat dieses Prinzip jetzt sogar höchste Weihen erhalten: Umweltsenatorin Bettina Jarasch bekennt sich zur Katzenwäsche.

Nun ist das ein schillernder Begriff, der der Erklärung bedarf. Katzen, wasserscheu, putzen sich zwei bis drei Stunden täglich mit der eigenen Spucke, bis das Fell schön glänzt; daher kommt der Begriff, aber die Senatorin praktiziert das so sicher nicht.

Wikipedia teilt offiziös mit, die Katzenwäsche sei „umgangssprachlich eine schnelle, nicht sehr gründliche Körperpflege, wobei typischerweise wenig Wasser verwendet wird.“ Wer mal Kind war, weiß Genaueres: Eine Handvoll Wasser ins Gesicht, abtrocknen, fertig.

Neudefinition der Katzenwäsche

Die Senatorin definiert den Begriff noch einmal neu: Sie duscht, aber im Schnellgang, so wenig wie nötig – ungewöhnlich, aber mit Wikipedia vereinbar. Wie lange „nötig“ ist, bleibt offen, angeblich gibt es im Hause Jarasch jetzt sogar einen Wettbewerb, wer am schnellsten fertig sei. Sie hat zwei Söhne, die haben damit vermutlich weniger Probleme als Töchter, die ja dem Klischee zufolge das Bad blockieren, bis der Dampf durch die Türritze quillt.

Diese Praxis, die nun uns allen anempfohlen wird, bedeutet schließlich auch eine Renaissance des Wasch-, respektive Seiflappens. Das ist das ausgebleichte Ding ganz hinten unten in der Schublade, dessen Ruf durch die Beleidigung „Du Waschlappen“ eigentlich zerstört ist. Doch nun ist er wieder da, getrieben von der Wasserknappheit: Anfeuchten, einseifen, und die zum Mief neigenden Körperstellen säubern, ausspülen, so einfach ist das.

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Die aktuellen Verbrauchszahlen der Wasserbetriebe zeigen trotz Hitze keinen Anstieg, da tut sich wohl schon was; der alte Rat der Experten, zum Durchspülen der Rohre möglichst viel Wasser laufen zu lassen, ist jedenfalls hinfällig.

Glücklich, wer eine Dusche mit ganz schnellem Wasser hat! Steht nur eine Wanne in der milieugeschützten Wohnung, sollte womöglich doch das Biermann-Prinzip wieder beherzigt werden. Merke: Ein bisschen Müffeln ist nicht mehr ärmlich, sondern solidarisch.

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