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Berlin: Wasser wird noch teurer: Preis steigt 2,5 Prozent

Die rot-rote Koalition will vor der Wahl 2006 kein neues Tarifmodell, das Großkunden auf Kosten von Eigenheimbesitzern entlastet

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Zum dritten Mal seit 2004 sollen die Wasserpreise im nächsten Jahr steigen: diesmal um zwei bis 2,5 Prozent. Der Aufsichtsrat der Berliner Wasserbetriebe (BWB) werde einer solchen Tariferhöhung im November zustimmen, verlautet aus Koalitions- und Unternehmenskreisen. Ein neues Tarifmodell aber, das einen Grundpreis und gestaffelte Mengenpreise vorsieht und das die Wirtschaftsverbände und Kammern energisch fordern, wird vorerst nicht eingeführt. Diese politisch brisante Entscheidung will der Senat vor der Abgeordnetenhauswahl 2006 nicht mehr treffen.

In 95 Prozent der deutschen Kommunen ist ein geteilter Wasserpreis üblich. Der Grundpreis garantiert dem Wasserversorger eine feste Einnahme unabhängig vom Verbrauch. Hinzu kommt ein Mengenpreis, der umso günstiger ist, je mehr Wasser abgenommen wird. Gewerbliche Großverbraucher und große Wohnhäuser mit einer gemeinsamen Wasseruhr werden so begünstigt. Wer in Ein- oder Zweifamilienhäusern wohnt, muss dagegen pro Kubikmeter Trink- und Schmutzwasser mehr zahlen.

Wegen dieser ungleichen Belastung schrecken SPD und Linkspartei davor zurück, die Tarifstruktur ausgerechnet im Wahljahr 2006 zu ändern. Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS), der unbeirrt für das neue Modell wirbt, holte sich kurz vor den Herbstferien in der SPD-Abgeordnetenhausfraktion die endgültige Abfuhr. „Grundsätzlich sind wir für den Grund- und Mengenpreis“, sagen der SPD-Haushälter Stefan Zackenfels und der PDS-Jurist Klaus Lederer. Aber das Zahlenmaterial des Wirtschaftssenators sei schwer nachzuvollziehen. „Wir wollen genau wissen, wer die Gewinner und die Verlierer einer solchen Tarifreform sind“, sagt Zackenfels. „Die Umverteilung zugunsten der gewerblichen Wirtschaft muss sich im Rahmen halten“, fordert Lederer.

Auch im Senat konnte man sich bisher nicht einigen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat sich von Anfang an gegen das neue Tarifmodell gestellt. Nun soll das strittige Thema erst nach der Berliner Wahl im Herbst 2006 in den Koalitionsverhandlungen besprochen werden.

Dann dürften auch Überlegungen zur Sprache kommen, in Berlin einen Anschlusszwang an das Netz der Wasserbetriebe einzuführen. Denn einige Großkunden der Berliner Wasserbetriebe drohen bereits damit, sich auf eigene Kosten Brunnen zu bohren und dort Grundwasser für ihre gewerbliche Produktion zu entnehmen. So ließen sich, trotz der hohen Grundwasserentnahmegebühren, bis zu 50 Prozent der Wasserkosten sparen. Doch wenn es weniger Abnehmer und damit geringeren Umsatz bei hohen Fixkosten gibt, dürfte dies die Preisspirale für die verbliebenen Kunden erst so richtig in Schwung bringen.

Die Wasserkosten in Berlin sind – im bundesweiten Vergleich – schon jetzt fast konkurrenzlos hoch. Nur in Sachsen und Thüringen liegen die durchschnittlichen Preise 2005 über dem Berliner Niveau, wie einer Statistik des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft zu entnehmen ist. Zurzeit klagen zwei landeseigene Wohnungsunternehmen gegen die „unbilligen Tarife“ der Wasserbetriebe, die seit Januar 2004 um 21,4 Prozent gestiegen sind.

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