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Berlin: Weg vom Grabbeltisch

Woolworth baut zehn Filialen zu Erlebnisdiscountern aus und verabschiedet sich von 100 000 Artikeln

Die Einzelhandelskette Woolworth hat den Kampf aufgenommen. Zehn Filialen wurden in Berlin umgebaut, zu luftigen Erlebnisdiscountern, um den Berlinern das Einkaufen wieder schmackhaft zu machen. Trotz sinkender Kaufkraft und der großen Konkurrenz durch die zahlreichen neuen Shopping-Center. Heute wird die Wiedereröffnung an der Wilmersdorfer Straße gefeiert. „Wir stärken unsere Position als Nahversorger für den täglichen Bedarf“, sagt Robert Brech, Geschäftsführer bei Woolworth für Einkauf, Verkauf und Marketing. Die Investitionen liegen nach Angaben des Unternehmens im „deutlichen siebenstelligen Bereich“.

Berlin ist einer der am härtesten umkämpften Märkte Deutschlands. Nach Angaben des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg hat die Hauptstadt einen Überhang von knapp 500 000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Für 2006 rechnet Geschäftsführer Nils Busch-Petersen lediglich mit einer Stabilisierung der Ergebnisse aus dem Vorjahr. 2005 setzte der Einzelhandel in Berlin etwa 12 Milliarden Euro um. Gedämpfte Hoffnung äußerte Busch-Petersen hinsichtlich der geplanten Erweiterung der Ladenöffnungszeiten. „Die Kunden werden das Angebot nutzen und auch zu späterer Stunde noch einkaufen.“ Dies werde sich günstig auf den Umsatz auswirken. Allerdings werde der positive Effekt von der Erhöhung der Mehrwertsteuer in Frage gestellt. „Wir haben in manchen Bereichen schon jetzt Preiserhöhungen, da für viele Händler eine Steigerung von drei Prozent über Nacht nicht möglich ist.“ Es werde weiterhin einen Abbau von Arbeitsplätzen im Einzelhandel geben. Nur werde sich dieser Abbau in Zukunft verlangsamen. Im vergangenen Jahr arbeiteten im Berliner Einzelhandel knapp 62 000 Beschäftigte.

Auch auf Deutschland bezogen zeichnet sich kein anderes Bild ab: Lediglich 0,75 Prozent Umsatzplus erwartet der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels für dieses Jahr. Angesichts der Preissteigerung bedeute dies nichts anderes als ein Nullwachstum, sagte Präsident Hermann Franzen.

Woolworth will mit dem Umbau den für das Unternehmen nicht nur wirtschaftlich wichtigen Standort Berlin sichern. Denn hier wurde Woolworth Deutschland vor 80 Jahren gegründet. „Unsere Zielgruppe sind all diejenigen, die gut und günstig einkaufen wollen. Das geht hinein bis in die Mittelschicht“, sagt Unternehmenssprecher Wilfried Sauer. Nach dem Umbau bleiben nur noch wenige Grabbeltische. Das Sortiment wird radikal eingedampft: Von fast 150 000 verschiedenen Artikeln auf nur noch 50 000. „Wesentlich ist nicht, dass der Kunde zwischen 50 verschiedenen Kaffeekannen wählen kann, sondern dass ihm ein attraktives Angebot gemacht wird“, sagt Sauer. Dies könne man schon mit fünf Kannen erreichen.

Woolworth beginnt seinen Konzeptwechsel mit den Berliner Filialen. Etwa die Hälfte von 340 Läden in ganz Deutschland sollen umgebaut werden. Pilotprojekte waren schon in Frankfurt, Koblenz und München erfolgreich. Vor dem Berliner Markt hat man keine Angst: „Die Situation ist hier nicht einzigartig. Wir müssen überall kämpfen. Die 50er und 60er Jahre, in denen immer mehr eingekauft wurde, sind vorbei“, sagt Wilfried Sauer. Neue Filialen sind jedoch nicht geplant.

Henning Zander

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