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Berlin: Wegen des Hitler-Grußes im Fernsehen wurden die beiden Männer in Polen zu hohen Geldstrafen verurteilt

Staatsanwalt, Gericht und Verteidiger redeten, die beiden Hooligans auf der Anklagebank schwiegen. Kurz darauf stand das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten fest: Der 30-jährige René W.

Staatsanwalt, Gericht und Verteidiger redeten, die beiden Hooligans auf der Anklagebank schwiegen. Kurz darauf stand das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten fest: Der 30-jährige René W. muss 8500 Mark Strafe zahlen, der 26-jährige Jan H. 4800 Mark. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die beiden Männer aus der Hooliganszene des FC Union Berlin bei einem Fußball-Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft im September 1996 im Stadion der polnischen Stadt Zabrze vor laufenden Fernsehkameras den Hitler-Gruß gezeigt hatten.

Im Herbst 1997 hatten die Verurteilten wegen desselben Vorwurfs schon einmal vor dem Amtsgericht gestanden und waren freigesprochen worden. Der Richter verwies vor zwei Jahren auf die Einschränkung "im Inland", die der Gesetzgeber in den Paragraph 86a des Strafgesetzbuches geschrieben hat. Gegen den Freispruch hatte die Staatsanwaltschaft aber Revision eingelegt, und so überwies das Kammergericht den Fall zurück an das Amtsgericht Tiergarten.

Staatsanwalt Günther Sohnrey schilderte in seinem ausführlichen Plädoyer die Begleitumstände der Tat. Der Ankläger erinnerte an Sprechchöre aus dem deutschen Fanblock. "Wir sind wieder einmarschiert" und "wir sind in Polen, um Juden zu versohlen", hatte ein Teil der deutschen Schlachtenbummler gerufen. Als das Deutschlandlied gespielt wurde, hoben im Block 11 des Stadions zahlreiche Hooligans den Arm zum Hitlergruß. Später wurde ein Transparent mit der Aufschrift "Wir grüßen die Schindler-Juden" gezeigt. Die Szenen wurden vom ZDF ausgestrahlt und lagen als Aufzeichnung dem Gericht vor. Anklage und Gericht waren sich gestern darüber einig, dass beide Beschuldigte auf dem Video klar zu erkennen seien. Der Staatsanwalt bezeichnete den Vorfall als "Inlandstat", da das Geschehen über das Fernsehen Millionen von deutschen Wohnzimmern erreicht habe. Das Amtsgericht sah es gestern genau so und verhängte einen Schuldspruch.

Die beiden Verurteilten gehören nach Erkenntnissen der Polizei zur "Kategorie C" und sind damit "gewaltsuchende Hooligans". Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten René W. hatten Ermittler ein Adolf-Hitler-Shirt und ein Hakenkreuz gefunden. Verteidiger Wolfram Nahrath, einst Chef der inzwischen verbotenen Naziorganisation "Wiking-Jugend", sah gestern alles ganz anders. Sein Mandant sei nicht nach Polen gefahren, um sich dort im Stadion beim Hitlergruß filmen zu lassen. Damit fehle der Vorsatz. Außerdem sei nicht bewiesen, ob das Ausführen des Hitlergrußes während der Live-Übertragung gesendet worden sei. Nahrath hatte auch eine Erklärung für das Verhalten des deutschen Fanblocks parat. Polnische Fans hätten mit Leuchtspurmunition geschossen. "Der deutsche Fanblock reagierte nur auf die Provokationen", sagte Nahrath.

Michael Brunner

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