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Mit diesem Plakat wirbt das Kindermissionswerk momentan für seine Spendenaktion.

© Promo

Weihnachtliche Sammelaktionen: O kommet, ihr Spender!

Hilfsprojekte starten zur Weihnachtszeit ihre Spendenaufrufe an prominenten Stellen – auch in der Hauptstadt.

Konzentriert pustet der kleine Luan auf den Suppenlöffel – dabei zu sehen ist er dieser Tage an zentralen Berliner S-Bahnhöfen: Friedrichstraße, Alexanderplatz, Hackescher Markt. Das Plakat gehört zur Kampagne, mit der die Deutsche Welthungerhilfe pünktlich zur anstehenden Adventszeit zur Spende aufruft.

Denn Weihnachtszeit ist Spendenzeit, 2013 mehr denn je. Der Taifun auf den Philippinen steht im Fokus, Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, das Bündnis Aktion Deutschland Hilft und das Hilfswerk Misereor bündeln die Hilfe. Weil auch die Jahrhundertflut an Saale, Oder und Elbe besonders an den Geberwillen der Deutschen rührte, könnte 2013 ein Spendenhoch erzielt werden. 2,6 Milliarden Euro kamen bis August bereits zusammen. Der Deutsche Spendenrat rechnet damit, dass das Gesamtjahr 2012 mit rund 4,2 Milliarden Euro noch übertroffen wird.

Zu den im Gegensatz zu akuter Hilfe langfristig ausgerichteten Kampagnen gehört auch das Beispiel mit Luan, dem asiatischen Jungen, der endlich satt wird. Eine Dauerspende sei besonders wirksam und nachhaltig, heißt es bei der Welthungerhilfe. Pressesprecherin Simone Pott sagt: „Die Menschen in Syrien, Kongo und Burundi können ja nun nichts dafür, dass sie gerade nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Deshalb geben wir ihnen eine Stimme.“ Die Aktion läuft bis einen Tag vor Heiligabend.

Etwas anders bewirbt die Caritas ihre Jahreskampagne „Familie schaffen wir nur gemeinsam“. Die Plakatmotive, wie sie derzeit etwa in Reinickendorf an der Ecke Residenzstraße/Reginhardstraße zu sehen sind, brechen mit der Regel, dass es den Spender anzugucken gilt. Abgewandt malocht sich da ein Vater durch die Überstunden, bedeckt eine unter Burn-out leidende Mutter ihr Gesicht, verliert sich ein Scheidungskind mit Koffer und Kuscheltier in der Leere des Bahnsteigs – komplizierte Familienverhältnisse, in reduzierter Bildsprache verdringlicht.

Der evangelische Entwicklungsdienst Brot für die Welt mit Sitz in Berlin startet am 1. Advent die bundesweite Aktion „Land zum Leben – Grund zur Hoffnung“. Um den Hunger zu sättigen, soll die kleinbäuerliche Landwirtschaft weltweit gestärkt, sollen Böden erhalten und Erträge gesteigert werden. Die Begleittexte prägt gläubiger Ton, immerhin handelt es sich um das Hilfswerk der evangelischen Landes- und Freikirchen Deutschlands. „Ein Drittel unserer Spenden fließt uns zur Weihnachtszeit zu“, sagt die Pressebeauftragte Svenja Koch. Brot für die Welt vermeidet schockierende Bilder und schwimmt damit im Strom der meisten Kampagnen. Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Deutscher Werbewirtschaft Manfred Parteina sagt: „An Weihnachten ist die Ansprache weicher, der besinnlichen Zeit angemessen. Es wird nicht mit dramatischen Motiven geworben.“ Bei der Kindernothilfe lernt ein schwarzer Junge lächelnd auf einer Schotterpiste Radfahren – insbesondere um den Berliner Hauptbahnhof ist die Kampagne „Bildung ändert alles“ plakatiert.

Vorbei scheint die Zeit des Elendsvoyeurismus, als die Spendensammler mit ans Gewissen appellierender Armut warben, mit Ausgezehrten in Lumpen und barfuß, mit fliegenbedeckten Babys und siechenden Kindern. Im digitalen Zeitalter hat sich auch die Ansprache verschoben: Das Internet ergänzt den persönlich adressierten Brief, die Zeitungsannonce und die kontaktfreudigen Studenten in den Fußgängerzonen etwa durch Aufrufe in sozialen Netzwerken. Christian Schuster vom Berliner Institut für Kommunikation sagt: „Verbände und Organisationen setzen auf den Mix zwischen Online- und Offlinemaßnahmen. Es gibt nicht länger nur diesen einen, verheißungsvollen Weg, um Spender zu erreichen.“ Gleichzeitig schürt das Internet die Konkurrenz, weil Spenden-Plattformen wie betterplace und change.org um den User und sein Portemonnaie buhlen.

Auch das Ronald McDonald Haus in Wedding wirbt um Spender. Die Einrichtung, die kranke Kinder und ihre Familien betreut, muss die Hälfte der 340 000 Euro an jährlichen Betriebskosten über Spenden erlösen. Das ist kein leichtes Ziel, zumal viele irrtümlich glauben, das Haus werde von der Fast-Food-Kette mit dem großen M gesponsert. Anlässlich ihres 15. Jubiläums stellt die Einrichtung jetzt einige Bewohner vor, und zwar mit einem elegant gelayouteten Katalog. „Die Stiftung passt auf, dass die Personen fröhlich aussehen. Krankheit, Tod und Trauer sollen nicht vermittelt werden“, sagt Heft-Designerin Elke Baumann.

So versucht jede Initiative auf ihre Art, doch nicht zu anklagend, ihren Anteil am Weihnachts-Spendenkuchen einzustreichen. Ob die Wahl nun auf Kinderhaus, Taifun oder Welthungerhilfe fällt: Entscheidend ist die Seriosität. Das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) garantiert Transparenz und minimale Bürokratie. Damit das Geld auch wirklich zur Hilfe wird.

Moritz Herrmann

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