zum Hauptinhalt
Friseurmeisterin Petra Biernoth koordiniert seit Jahren das Friseurangebot bei Frank Zanders Weihnachtsessen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Weihnachtsessen mit Frank Zander: Diese Friseurin schneidet Bedürftigen die Haare

Petra Biernoth hilft seit Jahren bei Frank Zanders Weihnachtsessen mit. Vor dem großen Fest zückt sie die Schere, macht die Gäste schick für das Fest.

Es gibt viele unvergessliche Momente an diesen Abenden. Besonders zu Herzen geht Petra Biernoth stets der Augenblick, wenn sie einem neuen Kunden die Hand schüttelt und ihn freundlich anspricht. Egal, wie dieser Kunde angezogen, wie gepflegt, oder ungepflegt und manchmal auch, wie nüchtern er ist. Das etwas ungläubige, dankbare Staunen darüber, dass da jemand nicht wegschaut, sondern den Blick sucht, einfach von Mensch zu Mensch Kontakt aufnimmt – es sind diese anrührenden Augenblicke, die Friseurmeisterin Biernoth bewegen, bei Frank Zanders großer Weihnachtsfeier für wohnungslose und bedürftige Menschen im Hotel Estrel Berlin mitzuhelfen. Sie macht dort die Haare der Gäste schick.

An diesem Freitag wird das traditionsreiche Fest zum 25. Mal gefeiert. Im Vorfeld waren in vielen sozialen Berliner Einrichtungen kostenlose Einlassbändchen ausgegeben worden. 50 prominente Helfer haben sich wie in den Jahren zuvor angekündigt, um den 3000 erwarteten Gästen das Essen zu servieren. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller will kommen, genauso wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Dietmar Woidke (alle SPD).

Viele Jahre Erfahrung im Tablett-Balancieren bringen unter anderem Grünen-Politikerin Renate Künast, Neuköllns ehemaliger Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), Sänger Wolfgang Lippert, Ex-Boxer Axel Schulz und Sängerin Jeanette Biedermann mit. Biernoth ist zum zehnten Mal dabei – mit einem Team von vier Kolleginnen und zwölf Auszubildenden vor Ort. Sie schneidet, und föhnt, redet und trifft alte Bekannte. Zum Schneiden, Legen und Föhnen genauso wie zum Reden, Lachen und dem Wiedersehen alter Bekannte.

Einige Gäste kennt sie seit Jahren

Einige der Gäste kennt die 62-Jährige schon seit Jahren. Da ist der nette Herr, der „dem Mädchen“ unbedingt immer zwei Euro Trinkgeld „für 'nen Kaffee“ geben will, obwohl er selbst doch so wenig hat. Oder ein anderer, der ihr gemeinsam mit seiner Frau einen kleinen Wandteller als Geschenk mitbringt.

Viele traurige Geschichten wurden der Rudowerin im Laufe der Jahre hier auf dem Friseurstuhl schon erzählt. Von Menschen, die nach dem Scheitern einer Ehe oder Beziehung nicht wieder auf die Beine gekommen sind, Wohnung und Arbeit verloren haben. Andere konnten sich die teuren Medikamente gegen eine schwere Krankheit nicht leisten oder wurden psychisch krank, glitten ab und fanden sich plötzlich am unteren Ende der sozialen Leiter wieder.

Ein Gast hat ihr sogar mal seine alte Visitenkarte zugesteckt. Er war ein arbeitsloser Klavierlehrer, der an jenem Abend dankbar war für einen kostenlosen Haarschnitt, ein leckeres Gänseessen und ein paar kleine Geschenke, die Frank Zander und sein Sohn Marcus jedes Jahr in großer Zahl von zahlreichen Spendern erhalten. Das sind unter anderem Winterjacken, Mützen und Schals, Schlafsäcke, Kosmetikprodukte, Lebensmittel und Tierfutter.

Friseurmeisterin Petra Biernoth mit Azubis an der Berufsschule für Friseure.
Friseurmeisterin Petra Biernoth mit Azubis an der Berufsschule für Friseure.

© Doris Spiekermann-Klaas

Über die vielen Spielsachen freuen sich besonders die jüngsten Gäste. „Jedes Jahr sind mehr Kinder mit dabei“ erzählt Biernoth bedrückt. Umso wichtiger sei es ihr, durch ihre Hilfe ein Zeichen für ein gelebtes Miteinander in der Gesellschaft zu setzen. „Ich beschenke mich damit auch selbst“, sagt sie, und ihre braunen Augen leuchten. Als Biernoth bei ihrer ersten Teilnahme vor zehn Jahren gesehen hat, dass Frank Zander wirklich jeden der Gäste mit Händedruck am Eingang des Festsaales begrüßt, sei ihr das Herz aufgegangen, und sie habe gewusst, dass sie am richtigen Ort sei.

Auch Azubis helfen freiwillig mit

Auch Schulsekretärin und Organisationstalent Dagmar Petermann sowie die Auszubildenden vom Oberstufenzentrum (OSZ) Körperpflege in Charlottenburg, an dem Biernoth seit 31 Jahren unterrichtet, sind beim Weihnachtsfest mit Feuereifer dabei. Angesichts einer nicht kürzer werdenden Schlange von stets 50 bis 100 Menschen, die zum Haare schneiden anstehen, verzichten die Auszubildenden oft selbst auf ihr Helferessen und arbeiten fünf Stunden vom frühen Nachmittag bis zum Abend durch. Die angehenden Friseure können sich freiwillig melden, einige sind schon mehrere Jahre dabei.

„Die jungen Frauen und Männer werden durch ihren Beruf viel von Promi- und Glitzerwelten geprägt. Hier lernen sie auch die Schattenseiten des Lebens kennen und erfahren, wie schnell und unverschuldet ein sozialer Abstieg kommen und dass jeder davon betroffen sein kann“, sagt Biernoth. Außerdem bedeutet der Abend auch Erfahrung sammeln für die Auszubildenden. Und die Teilnahme an diesem Abend hat noch einen anderen Vorteil für die Auszubildenden: Sie haben sie oft sehr schwer, Modelle zum Üben zu finden. Beim Weihnachtsessen ist es ihnen möglich, bis zu 15 Frisuren pro Abend zu schneiden – und das, ohne dass ihnen der Chef dabei ständig kontrollierend über die Schulter schaut.

Schon seit vielen Jahren versucht Biernoth am OSZ motivierten Schülern fördernde Angebote zu machen zu fördern. Sie hat mit ihren Auszubildenden schon bei Modenschauen im Schloss Bellevue und im Jüdischen Museum für das richtige Styling der Models gesorgt. Beim Weihnachtsessen im Estrel ist das meist nicht so aufwendig, sagt Biernoth , sagt Biernoth. Hier heißt es auf ihre Frage, wie der Schnitt denn werden solle, oft nur: „Ach, einfach kurz, bitte!“

Eva Steiner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false