zum Hauptinhalt

Berlin: Weil der U 5-Ausbau verschoben wird, kann der Bund Subventionen zurückfordern - Berlin droht Millionen-Verlust

Die Verkehrspolitik in Berlin schlägt seltsame Kapriolen. Weil CDU und SPD aus vermeintlichem Geldmangel den vorbereiteten Bau für die Verlängerung der U-Bahn-Linie U 5 vom Alexanderplatz zum Pariser Platz verschoben haben, stehen die Planer vor der paradoxen Situation, dass sie jetzt in den nächsten Jahren mehr Geld haben, als sie wahrscheinlich ausgeben können.

Die Verkehrspolitik in Berlin schlägt seltsame Kapriolen. Weil CDU und SPD aus vermeintlichem Geldmangel den vorbereiteten Bau für die Verlängerung der U-Bahn-Linie U 5 vom Alexanderplatz zum Pariser Platz verschoben haben, stehen die Planer vor der paradoxen Situation, dass sie jetzt in den nächsten Jahren mehr Geld haben, als sie wahrscheinlich ausgeben können. Diese Bundeszuschüsse müssen dann am Jahresende zurückgegeben werden. Sie dürfen nicht in den allgemeinen Haushalt fließen.

Für den Ausbau ihres Verkehrsnetzes erhalten die Länder aus dem Aufkommen der Mineralölsteuer nach einem komplizierten Schlüssel Geld gemäß dem Gemeinde-Verkehrs-Finanzierungsgesetz (GVFG) aus der Bundeskasse. Durch so genannte Komplementärmittel in weit geringerer Höhe müssen sich die Länder an diesem Programm beteiligen. Rund 300 Millionen Mark könnten in diesem Jahr nach Informationen des Tagesspiegels nach diesem Modell für Verkehrsprojekte ausgegeben werden. In den nächsten Jahren sinkt die Summe.

Nach dem Verschieben des Baus der U-5-Verlängerung fehlen jedoch andere große baureife Vorhaben. Die Planer hatten sich auf die U 5 konzentriert, für die das Genehmigungsverfahren im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde. Für eine erneute Verschiebung des Baus hatte sich angesichts der prognostizierten Gesamtkosten in Höhe von 1,3 Milliarden Mark vor allem die SPD ausgesprochen. In den Koalitionsvereinbarungen heißt es jetzt, die Arbeiten sollen 2006 abgeschlossen sein - zwei Jahre später als zuletzt vorgesehen. Dabei hatte die SPD bereits in der vergangenen Legislaturperiode einen weitgehenden Baustopp durchgesetzt.

Trotzdem sind bereits etwa 400 Millionen Mark verbuddelt. Im Bereich des Tiergartentunnels der Bahn AG musste auch die Röhre für die U 5 mitgebaut werden, weil beide Tunnel nur zusammen erstellt werden konnten. Und den Weiterbau vom Platz der Republik bis zum Pariser Platz setzte dann die damalige Bundesregierung durch, weil sie keine Dauerbaustelle vor dem Reichstagsgebäude haben wollte. Der Bund finanzierte diesen Abschnitt zum größten Teil vor. Die Verlängerung der U 5 ist im Hauptstadtvertrag festgelegt.

Inzwischen sind aber auch die alten Zweifel am Nutzen erneut aufgekommen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält an seiner Prognose fest, dass nur mit 30 000 bis 40 000 Fahrgästen täglich zu rechnen sei, während die Planer in der Verkehrsverwaltung von rund 200 000 ausgehen. Dort räumt man der Linie nach wie vor einen hohen Wert ein, der einen Bau rechtfertige. Die fehlenden zwei Kilometer zwischen dem Alexanderplatz und dem fast fertigen Stutzen zwischen Lehrter Bahnhof und Pariser Platz wären mit hohen Baukosten verbunden. Weil die Röhren nach Vereisung des Bodens unterirdisch gebohrt werden sollen, sind 900 Millionen Mark dafür veranschlagt - zusammen mit den Bahnhöfen.

Und auch hier gibt es Streit. An der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstaße könnte der gemeinsame Bahnhof für die U 5 und die U 6 nur in einer offenen Baugrube errichtet werden. Dagegen wehrt sich vor allem das mehrere hundert Meter entfernte Kulturkaufhaus Dussmann, in dessen Flugzeug Verkehrssenator Peter Strieder gratis mitgeflogen ist.

Der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Christian Gaebler, hält am Baustopp für die U 5 fest. Dass das vorhandene Geld nicht ausgegeben werden könnte, hält er für eine Drohung. Allein die Sanierung der U-Bahn-Anlagen im Ostteil verschlinge einen dreistelligen Millionenbetrag. Geld aus dem Gemeinde-Verkehrs-Finanzierungsgesetz darf nur im Ostteil der Stadt für Sanierungen verwendet werden; grundsätzlich ist es für Neubauten bestimmt.

Michael Cramer von Bündnis 90/Grüne fordert, das Geld in den Bau von Straßenbahn-Strecken und Radwegen sowie weiteren Eingängen an S-Bahnhöfen zu stecken. Baureife Pläne gibt es jedoch kaum. Schon mehrfach musste Berlin deshalb Geld aus dem GVFG-Etat zurückgeben. Vor allem München hat damit einen großen Teil seines U-Bahn-Baus finanziert. Und die bayerische Landeshauptstadt hat weitere Baupläne. Baut Berlin die U 5 gar nicht, muss das Land möglicherweise auch die dafür bereits erhaltenen Bundesmittel in Höhe von etwa 300 Millionen Mark zurückzahlen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false