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Berlin: Weinmesse im Logenhaus: Spaß mit schwerer Zunge

Alle wieder da? Die Atmosphäre auf der Weinmesse im Logenhaus schlägt immer wenige Minuten nach Eröffnung ins Vertraut-Familiäre um.

Alle wieder da? Die Atmosphäre auf der Weinmesse im Logenhaus schlägt immer wenige Minuten nach Eröffnung ins Vertraut-Familiäre um. Eigentlich kein Wunder nach acht Jahren - doch auch Neulinge stehen nicht lange außen vor, sondern werden großzügig mit Probeschlucken bedacht. Nur die Profis spucken unerbittlich alles wieder aus, und so wissen die erfahrenen Aussteller schon, dass so gegen halb sieben die Konzentration nachlässt. Die Gespräche werden kryptischer, die Zungen der Gäste schwerer. Doch das tut dem Spaß keinen Abbruch.

Überhaupt sind Weinmessen heutzutage, egal, wo sie stattfinden, alles andere als provinzielle Ereignisse. Das liegt an den Winzern, die sich bisweilen verhalten, als sei das Schlagwort der Globalisierung eigens für sie erfunden worden. Einer der interessantesten ist Bernhard Breuer aus Rüdesheim, Gast der "Wein Compagny" im ehemaligen Logenhaus-Restaurant. Er bewirtschaftet zusammen mit seinem nicht weniger bekannten Pfälzer Kollegen Bernd Philippi ein südafrikanisches Weingut, und nun haben sich beide zusammen auch noch ein paar Hektar Weinberge in Portugal zugelegt. "Portwein wollen wir dort nicht machen", sagt er, "vielleicht nur ein Fässchen für den eigenen Gebrauch ..." Anderes Beispiel: Werner Näkel, der Rotweinspezialist von der Ahr, hat sich ebenfalls in Südafrika engagiert. Sein 1998er "Zwalu" plazierte sich bei der Logenhaus-Verkostung als zweitbester Rotwein. So gerät manche Probe zu einer önologischen Weltreise, ohne dass man auch nur den Platz wechseln müsste.

Aber Berlin ist nicht nur für die globalen Überflieger interessant, denn auch aus den deutschen Anbaugebieten kommen immer mehr Winzer und Gutsverwalter, um die Lage persönlich auszukundschaften. Einer von ihnen ist Günter Thies, der Verwalter des renommierten Guts Schloss Schönborn, der am Stand des Frohnauer Spezialisten Peter John seine feinen Rieslinge ausschenkt und auch noch einige elegante 1998er im Schrank hat. Die sanft restsüße Jubiläums-Spätlese vom Pfaffenberg ist jetzt gerade recht für einen groooßen Schluck ...

Oben im ersten Stock, einmal links, einmal rechts, ist der Stammplatz von Christian Rack, der es wieder ein wenig global angehen lässt und sich vor rund zehn Jahren ein verfallenes Weingut in der Toskana gekauft hat und Jahr für Jahr Fortschritte in Qualität und Vermarktung macht. Inzwischen sind seine beiden Montemaggio-Weine als Chianti Classico klassifiziert. Rack kann interessante Geschichten darüber erzählen, wie langwierig und teuer es ist, Aufnahme in den Gambero-Rosso-Führer zu finden, der eine Menge Platz für Anzeigen bietet. "Das könnte mir ja eigentlich egal sein", sagt er, "aber der ist nun mal überall der Türöffner."

Großen Aufwind verspüren in diesem Jahr die Winzer, die sich im Verein Mosel-Saar-Ruwer zusammengefunden haben. Ihre Weine, durchweg schlanke, fruchtbetonte Rieslinge, haben bei der Verkostung abgeräumt, und sie profitieren davon, dass sie direkt vom Winzer preislich viel attraktiver sind als nach dem teuren Weg durch mehrere Handelsstationen. Eine Spätlese aus guter Lage unter zehn Mark ist heute praktisch nur noch auf direktem Weg zu haben.

Und Österreich. Längst heimisch im eigenen Saal, immer im Gespräch mit Händlern und Kunden. Anna Neumeister aus der Steiermark hat wieder Fassproben mitgebracht, diesmal vom 2000er: etwa den noch hefetrüben und verführerisch süffigen Sauvignon, der ein wenig an Holunderbrause erinnert. Im nächsten Jahr müssen wir wieder in die Emser Straße, schon, um zu kosten, wie er als fertiger Wein schmeckt.

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