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WENDEKalender: 27. Dezember 1989

Und wieder gibt es einen neuen Mauerdurchlass – allerdings war der nur während der Weihnachtsfeiertage und ausschließlich für Fußgänger geöffnet. Am Gutshof, zwischen dem Spandauer Ortsteil Kladow und Groß Glienicke, wurden Betonplatten auf dem Mauerstreifen ausgelegt.

Und wieder gibt es einen neuen Mauerdurchlass – allerdings war der nur während der Weihnachtsfeiertage und ausschließlich für Fußgänger geöffnet. Am Gutshof, zwischen dem Spandauer Ortsteil Kladow und Groß Glienicke, wurden Betonplatten auf dem Mauerstreifen ausgelegt. Ein cleverer Gastwirt baute schnell einen Tapeziertisch auf, verkaufte Glühwein und fuhr die Kladower in seinem Trabi herum – mit einer russischen Offiziersmütze auf dem Kopf. Irritationen bei den Grenzern gab’s nur, als zwei West-Berliner auf Pferden herbeigeritten kamen. Sicher, die beiden seien auf einem „nichtmotorisierten“ Gefährt unterwegs, sagten die Grenzer, aber ein solcher Fall sei leider nicht in den Dienstanweisungen zu finden. Die beiden Reiter mussten zurück nach West-Berlin.

Überhaupt war die ganze Stadt beim ersten gemeinsamen Weihnachtsfest unterwegs, bilanzierte der Tagesspiegel. 1,2 Millionen DDR-Bürger besuchten an den Feiertagen West-Berlin; 765 000 Menschen waren in entgegengesetzter Richtung unterwegs, so mancher wurde am Grenzübergang mit Christstollen von Ost-Berlinern überrascht. Wegen der kilometerlangen Staus wurde sogar die Straße Unter den Linden für Autos gesperrt. Wie die Polizei mitteilte, gab es am Nachmittag auf beiden Seiten der Grenze „erhebliche Rückstaubildungen mit langen Wartezeiten“. Der Weihnachtsbraten sollte schließlich nicht kalt werden.

Nach 28 Jahren wurde erstmals auch wieder ein Gottesdienst in der Heilandskirche in Sacrow gefeiert. Weil so viele West-Berliner anreisten, wurden draußen Lautsprecher aufgestellt. Die Predigt hielt der pensionierte Pfarrer Straus, der auch den letzten Gottesdienst vor der hermetischen Abrieglung 1961 in der im Grenzgebiet gelegenen Kirche gefeiert hatte.

Auch im Sport wächst die Stadt zusammen: Erstmals spielten West-Berliner Fußballvereine mit bei Ost-Berliner Weihnachtsturnieren. So traten die Teams von Lichterfelde, Tennis Borussia und Tasmania in der Werner-Seelenbinder-Halle am S-Bahnhof Leninallee gegen Guben und Schöneweide an.

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