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Weniger Spenden befürchtet: In Verruf gebracht durch die Treberhilfe

Immer mehr pikante Interna aus der Treberhilfe geraten an die Öffentlichkeit. Der früherer Geschäftsführer Harald Ehlert lebte offenbar noch luxuriöser als bislang bekannt. Nun befürchten Berliner Vereine einen Rückgang der Spenden

Der „Spiegel“ will aus einem der Staatsanwaltschaft vorliegenden Bericht erfahren haben, dass sich Ehlert in die Dienstvilla des Vereins in Caputh, in der er auch wohnte, auf Kosten der Treberhilfe Sauna, Hamam und Whirlpool einbauen sowie das Bootshaus und den Steg modernisieren ließ. Zudem bestellte er – auf Kosten der Treberhilfe – allein im vergangenen Jahr Jakobsmuschelfleisch und Hummer für mindestens 5000 Euro. All dies, so befürchten jetzt Berlins soziale Vereine und Sponsoring-Experten, könnte folgenschwere Auswirkungen auf die Spendenbereitschaft der Berliner Bevölkerung haben.

„Das Klima wird sich verschlechtern“, befürchtet zum Beispiel Fundraising-Experte Friedrich Haunert. „Solche Fälle wie bei der Treberhilfe und beim Verein Hatun und Can sind immer schlecht, weil das Vertrauen von Spendern generell in Mitleidenschaft gezogen wird“, sagt auch Thomas Kurmann, Leiter der Spendenabteilung bei „Ärzte ohne Grenzen“ in Berlin. „Möglicherweise wird jetzt auch die Politik die Skandale dazu nutzen, weitere Kürzungen durchzusetzen“, befürchtet Friedrich Haunert, auf dessen Expertisen beispielsweise der Paritätische Wohlfahrtsverband seit Jahren zurückgreift.

Immer mehr Berliner Vereine lassen Mitarbeiter oder Ehrenamtliche zu Sponsorengelder-Akquisiteuren ausbilden, denn vielfach reichen staatliche Zuwendungen nicht aus, um die Arbeit zu gewährleisten.

Aber die härtere Konkurrenz um die privaten Spenden macht die Überzeugungsarbeit immer schwerer. „Der Bedarf wird größer, aber der Kuchen nicht“, weiß Haunert. Und nun erschweren Sozialskandale die Arbeit zusätzlich. „Leider bringen wenige jetzt eine ganze Branche in Verruf“, klagt Spendenexperte Kurmann von Ärzte ohne Grenzen. Friedrich Haunert sieht es so: Die 40 Prozent der Berliner, die laut Statistik etwas an andere abgeben, werden nun skeptischer werden. Und die 60 Prozent, die ihre Untätigkeit mental vor sich selbst rechtfertigen müssen, werden jetzt sagen: Habe ich es doch schon immer gewusst!

In Berlin reagieren einige Vereine nun offensiv und sarkastisch. „Der ,Maserati‘ für das Wohnprojekt Undine wird mit Freude erwartet“, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins Sozialwerk. Der lädt am 20. April zur Übergabe des dringend benötigten Fahrzeugs für die Arbeit mit benachteiligten Kindern, Familien und Senioren. Natürlich sei das kein Maserati, heißt es dann, sondern ein dank Firmenspenden angeschaffter Fiat Doblo. Man lade bewusst ein, um Arbeit und Leistungen transparent zu machen, teilt Birgit Hartigs, Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit, mit. Diakonie-Sprecherin Christiane Lehmacher-Dubberke hat indes beobachtet, dass die Menschen „inzwischen auch infolge der detaillierten Berichterstattung in den Medien aufgeklärter sind, interessierter nachfragen und besser differenzieren können“.

Spendenexperte Thomas Kurmann von Ärzte ohne Grenzen hofft nun darauf, dass sich die Branche wie nach dem internationalen Skandal um das Kinderhilfswerk Unicef langfristig erholt. Dietmar Bothe, Sprecher des Landessportbundes, glaubt dagegen, dass den Mitgliedsvereinen sicher weiter gespendet würde, weil die Geber engen Kontakt zu den Empfängern haben. Die Stadtmission pflegt schon lange intensiven Kontakt zu ihren Spendern, ermuntert sie auch zu unangemeldeten Besuchen in ihren Einrichtungen. Die Johanniter kennen niemanden in Berlin, der „wegen Fehlverhaltens anderer jetzt bei uns austritt“, sagt Pressesprecher Patrick Schultheis.

Fundraising-Experte Friedrich Haunert, der sich auch bei Transparency Deutschland e.V. engagiert, erarbeitet derzeit mit anderen Vertretern des Sozial- und Stiftungswesens neue freiwillige Transparenz-Richtlinien. Die sollen, so sein Plan, dann allen Vereinen zugänglich gemacht werden.

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