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Berlin: Wenn der Zug rauscht, flimmert der Bildschirm - elektromagnetische Felder stören Computer

Das kann teuer werden für die Bahn: Nachdem bislang nur einzelne Anwohner von Gleisen über flimmernde Bildschirme geklagt haben, geht jetzt erstmals eine Berliner Behörde in die Offensive. Das Bezirksamt Spandau will die Deutsche Bahn auf Zahlung von 638 000 Mark für neue Bildschirme verklagen.

Das kann teuer werden für die Bahn: Nachdem bislang nur einzelne Anwohner von Gleisen über flimmernde Bildschirme geklagt haben, geht jetzt erstmals eine Berliner Behörde in die Offensive. Das Bezirksamt Spandau will die Deutsche Bahn auf Zahlung von 638 000 Mark für neue Bildschirme verklagen. Denn seit in der Nähe die Fernbahn vorbeirollt, spielen die alten Geräte in den Beamtenbüros auf Grund von elektromagnetischen Feldern verrückt. Auch in der Spandauer Stadtbibliothek gibt es Probleme. Und eine Firma am Ostkreuz in Lichtenberg musste viele Büros ihres Hochhauses umrüsten.

Über 250 Mal pro Tag fingen die Bildschirme im Raum 147 des Spandauer Rathauses an zu flimmern. Die Dauer schwankte zwischen wenigen Sekunden und vier Minuten. 160 Störungen wurden allein während der normalen Arbeitszeit verzeichnet. Das ergaben Messungen des Technischen Überwachungsvereins (Tüv), den das Bezirksamt alarmiert hatte. Betroffen war - in unterschiedlicher Intensität - gut die Hälfte der Büros im Verwaltungsgebäude.

Die Ursache war den Experten schnell klar: Über 90 Prozent der Störungen im Rathaus wurden durch elektromagnetische Felder ausgelöst, die durch den Fahrstrom der Fernbahn entstehen. Sie verbreiten sich bei jeder Zugfahrt in Intervallen entlang der Bahnstrecken. Der Tüv berichtet, dass es bei der betroffenen Firma in Lichtenberg zwanzig Meter neben den Gleisen Störungen bis hinauf ins zehnte Stockwerk gab.

Wenn auch keine unmittelbare Gesundheitsgefahr besteht, müssen die Bildschirme nach der Arbeitsschutzverordnung zur Vermeidung von Augenschäden flimmerfrei sein. Da sich eine Nachrüstung der Geräte als unzweckmäßig erwies, beschloss man in Spandau, moderne Flachbildschirme anzuschaffen, die nicht störanfällig sind.

Doch mit der Forderung auf Schadensersatz stieß man bei der Bahn auf taube Ohren. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens hätten Untersuchungen zur elektromagnetischen Verträglichkeit ergeben, dass mit keinen Beeinträchtigungen zu rechnen sei, sagt Silke Hannig, Mitarbeiterin der Abteilung Öffentlichkeit der Bahn. Die Ende vergangenen Jahres installierte geerdete Schallschutzwand schließe Störungen im Nahbereich aus. Mitte Februar sollen die Werte im Rahmen eines Gutachtens geprüft werden.

"Wir konnten den Dienstbetrieb bis dahin nicht ruhen lassen", kontert Verwaltungsstadtrat Axel Hedergott (SPD). "Es kann nicht sein, dass ein bestehendes Rathaus durch eine herangeführte Bahntrasse derart beeinträchtigt wird und die Deutsche Bahn AG erklärt, wir hätten uns bereits vorher entsprechende Geräte anschaffen müssen." Ohnehin seien die Aluminium-Wände nach Auskunft eines Tüv-Mitarbeiters als Magnetfeld-Abschirmung wirkungslos. Und Rechtsamtsleiter Jürgen Knebel stützt sich auf ein kürzlich erfolgtes Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach in derartigen Fällen auch nach abgeschlossenem Planfeststellungsverfahren Rechtsansprüche der Betroffenen bestehen. Außerdem ergebe sich aus dem Nachbarschaftsrecht ein Abwehr- und Schadensersatzanspruch gegen die Bahn.

Doch nicht nur Fernzüge können die empfindliche Computertechnik beeinflussen. Auch die in Berlin mit Gleichstrom betriebenen Netze von U- und S-Bahn haben Nebenwirkungen. Wenn im Bahnhof ein vollbesetzter Zug anfährt, kann es auf den Computerbildschirmen im Haus darüber zu Farbänderungen und Helligkeitsschwankungen kommen, so Tüv-Experte Manfred Grapentin. Deshalb ist sein Rat, zumindest bei Neubauten die zu erwartenden Beeinträchtigungen vorab messen zu lassen. So wird der S-Bahntunnel unter einem geplanten Neubau an der Dorotheenstraße in Mitte derzeit mit einer elektromagnetischen Ablenkung versehen.

Rainer W. During

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