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Berlin: Wenn Eltern kein Deutsch sprechen

Nader Khalil (CDU) über Autoritätsprobleme

Es ist paradox: Während Berlins Regierender Bürgermeister erklärt, Schulen müssten Erziehungsaufgaben übernehmen, gerät die arabische Welt in Berlin auch deshalb aus den Fugen, weil die Eltern eben das von der Schule erwarten. „Im Libanon beispielsweise ist es üblich, das Kind mit all seinen Problemen am Schultor abzugeben“, sagt Nader Khalil, 38, palästinensischer Herkunft und Mitglied der Neuköllner CDU. „Die Lehrer haben dort auch Erziehungsaufgaben.“ Wenn arabische Eltern in Berlin von der Schule zur Mitarbeit aufgefordert werden, reagierten viele überrascht.

Khalil, der seit 26 Jahren in Deutschland lebt, macht für die hoffnungslose Situation vieler arabischer Familien die „verfehlte Asyl- und Integrationspolitik“ der Bundesrepublik verantwortlich. Die es möglich macht, dass Flüchtlinge oder Asylbewerber hier jahrelang mit unsicherem Aufenthaltsstatus und ohne Arbeitserlaubnis leben. Die Erwachsenen könnten so nicht längerfristig planen – und sie lernen kein Deutsch. Khalil nennt sie „von der Gesellschaft abgeschnitten“: „Viele Eltern wissen überhaupt nicht, wo ihr Kind hingeht, wenn es morgens das Haus verlässt.“ Die kennen sich auch nicht aus im deutschen Schulsystem, wissen nicht, was das ist: Hauptschule, Realschule, Gymnasium. Sie können ihren Kindern nicht bei den Schulaufgaben helfen. Wenn die Schule Briefe schickt, müssen die Kinder übersetzen. Oder die lassen die Post verschwinden. „Die Eltern sind machtlos“, sagt Khalil. Dass die Väter wegen des Arbeitsverbotes ihre Familien nicht ernähren, wirke sich ebenfalls negativ aus. Auch in den Familien gebe es Sprachprobleme, sagt Khalil, „weil die Kinder außer schlechtem Deutsch auch schlechtes Arabisch sprechen“.

Er warne seit 15 Jahren vor dieser Entwicklung, sagte Khalil, der für mehr Unterstützung für die kleinen Integrationsprojekte in den Kiezen wirbt. Die Erziehungsmuster arabischer Eltern funktionieren hier nicht. In den Herkunftsländern sei es üblich, dass die ganze Gesellschaft miterzieht. Jeder guckt auf die Jungen. „Für so ein System“, so Khalil, „ist die Anonymität der Großstadt tödlich.“ ari

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