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Berlin: Wenn Streifen uns streifen

Eine himmlische Demo gegen Kondensspuren.

Die Auftaktkundgebung war gerade vorbei, da waren sie plötzlich am Himmel: Kondensstreifen! Neben dem Brunnen auf dem Alexanderplatz hatten sich etwa 300 Menschen versammelt, um den „Berliner Marsch gegen Chemtrails und Geoengineering“ zu beginnen. Das muss erklärt werden: Es gibt Menschen, die glauben, dass aus Flugzeugen organisiert Gift versprüht wird, um die „Weltbevölkerung radikal zu reduzieren“.

Als die ersten beiden Kondensstreifen gegen 14.30 Uhr am Horizont über dem Alexanderplatz zu sehen waren, da sagte ein Mann ganz ernst: „Jetzt müssen wir abwarten, wie schnell er sich auflöst.“ Nach einer Weile sagte er: „Da fällt was aus“, es folgten viele chemische, physikalische und meteorologische Begriffe. Eine Frau mischte sich ein, behauptete, dass „die“ immer wieder von München nach Rostock und zurück fliegen, um Gift zu sprühen. Wer mit „die“ gemeint, blieb im Ungefähren. Der Mann sagte: „Das ist beschlossen von der Organisation, die das beschließt.“

Einige Teilnehmer verteilten Broschüren an Passanten, in denen der Unterschied zwischen einem guten, blauen Himmel und einem bösen, verschleierten und von Kondensstreifen durchsetzten Himmel erklärt wird. Dumm nur, dass sich am Sonntag über dem „Marsch gegen Chemtrails“ ein wunderbar blauer Himmel mit weißen Wölkchen spannte. „Wir fordern eine restlose Aufklärung über alle gegenwärtigen und vergangenen Sprüh-Flüge“, heißt es auf der Facebook-Seite der Organisatoren.

Andere Menschen nennen das alles eine große Verschwörungstheorie. Ein paar waren gekommen, um sich lustig zu machen, sie trugen selbst gefaltete Hütchen aus Alufolie, um sich gegen Gifte und Strahlen aus dem Himmel zu schützen. Einer machte sich auf seine Weise über Kondensstreifen lustig: „Skandal, der Himmel ist zerkratzt.“ 

Im Vorfeld hatten linke Gruppen auf die Verbindungen zwischen Chemtrail-Aktivisten und den sogenannten Reichsbürgern verwiesen, einer Art Sekte im rechtsextremen Milieu. Diese betrachten die Bundesrepublik als nicht existent und behaupten, dass das Deutsche Reich fortbesteht. Tatsächlich wurden am Sonntag auch solche Flugblätter verteilt. Jörn Hasselmann

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