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Berlin: Wer füllt die Gysi-Lücke? Jetzt sollen die Frauen ran

Der Vertrauensverlust bei den Wählern beschäftigt die Parteispitze: Im Wahlkampf sollen nun verstärkt die weiblichen Spitzenkandidaten präsentiert werden 

Von Sabine Beikler

Nach dem Schock über die schlechten Umfragewerte vom Wochenende gibt sich die Berliner PDS-Spitze kämpferisch. „Jetzt erst recht“, lautet die Parole für den Wahlkampf. Zunächst wollten die Sozialisten den Sympathieverlusten noch keinen Glauben schenken. Umfragen seien schließlich keine Wahlen, hieß es am Sonntag. Und außerdem wisse man doch, wie wenig man Umfragen trauen könne. Am gestrigen Montag hörte sich das schon anders an. „Wir nehmen die Ergebnisse ernst“, sagt PDS-Landeschef Stefan Liebich, „verfallen aber nicht in Hektik“. Auch PDS-Spitzenpolitiker machen die Gysi-Lücke für die Sympathieverluste verantwortlich. Laut Forsa-Umfrage würden in Berlin bei der Bundestagswahl nur noch acht Prozent der PDS ihre Stimme geben – im Vormonat waren es noch 13 Prozent. Damit fiel die Partei in der Wählergunst um mehr als ein Drittel zurück. Besonders dramatisch ist der Einbruch im Ostteil: Nur noch 27 Prozent würden die PDS ins Abgeordnetenhaus wählen – statt 37 Prozent wie im Juli.

Dass Gregor Gysi mit seinem Rücktritt als Wirtschaftssenator der PDS geschadet hat, bestreitet kein einziger Berliner Parteigenosse mehr. „Politisch habe ich seinen Schritt immer falsch gefunden“, sagt Liebich und zeigt Zweckoptimismus. Gysi sei weg und jetzt könne die Partei zeigen, wie sie ohne Gysi ist. Den Rückzug des Vorzeige-Sozialisten aus dem politischen Leben sieht der designierte Fraktionschef als Chance für die Partei. Liebich, der laut gestrigem Beschluss des Fraktionsvorstands am 3. September gewählt werden soll, sagt trotz der Sympathieverluste für die PDS selbstbewusst: „Ich wüsste nicht, wo es Anlass zur Selbstkritik geben könnte.“

Das Wahlkampf-Motto der Berliner PDS „Weiblich, jung und kompetent“ bleibt unverändert. Die meisten Berliner, sagt Spitzenkandidatin Petra Pau, hätten noch gar nicht „kapiert, dass sie Gysi für den Bundestag gar nicht hätten wählen können“. Deshalb setzt die PDS verstärkt auf den Wahlkampf mit den Kandidatinnen der ersten fünf Listenplätze: Petra Pau, Bärbel Grygier, Gesine Lötzsch, Sandra Brunner und Evrim Baba.

Pau sieht durch den Gysi-Rücktritt einen deutlichen Vertrauensverlust bei den PDS-Stammwählern. Am vergangenen Wochenende hätte sie beim Wahlkampf in ihrem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf – vor vier Jahren war Gysi dort Bundestagskandidat – oft den Satz gehört: „Gysi hat uns was versprochen, wir haben ihn gewählt, damit er was tut. Dieses Versprechen hat er nicht eingelöst.“ Verstehen kann Pau diese Haltung, nur: Was tun gegen die Verdrossenheit? Die PDS muss ihre Klientel in der heißen Wahlkampf-Phase davon überzeugen, am 22. September überhaupt zum Wählen zu gehen. Ziehen soll das Argument „Mit der PDS einen Kanzler Stoiber verhindern“. Das müssen die Sozialisten den Wählern erst einmal erklären: Noch nicht einmal die Parteispitze ist sich über die richtige Taktik einig.

Die Berliner Abgeordnete und Bundestagskandidatin Gesine Lötzsch fordert ein kritisches Resümee nach einem halben Jahr Rot-Rot. Darüber hat auch der PDS-Fraktionsvorstand am Montag beraten. Mit dem Thema Sparen allein will die PDS nicht Wahlkampf machen. Auch die Verwaltungsreform oder die Vorschläge der Hartz-Kommission stünden der PDS „gut zu Gesicht“, sagt PDS-Sprecherin Kathi Seefeld.

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