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Wer ist zuständig?: Streit um bulgarische Wanderarbeiter in der Eisfabrik

Der Bezirk Mitte, die Bauaufsicht und der Eigentümer der alten Eisfabrik in der Köpenicker Straße streiten: Wer ist zuständig für die Wanderarbeiter aus Bulgarien, die dort campieren?

„Ich bin völlig ratlos“, sagt Mittes Sozialstadtrat Stephan von Dassel (Grüne). „Ein schreckliches Problem, bei dem man nur verlieren kann.“ Was den Bezirkspolitiker nahezu verzweifeln lässt, sind die Zustände in der baufälligen Eisfabrik-Ruine an der Köpenicker Straße. Dort campieren zwischen 30 und 50 Wanderarbeiter aus Bulgarien ohne Zugang zu Wasser oder sanitären Anlagen.

Bulgarische Wanderarbeiter leben in der Eisfabrik

Die Bulgaren haben laut von Dassel kein Anrecht auf Sozialleistungen oder die Unterbringung in Obdachlosenheime, andererseits halten sie sich als EU-Bürger legal in Berlin auf. Ihr Leben vollzieht sich komplett außerhalb des geregelten deutschen Sozialhilfesystems. Dennoch werde in Einzelfällen geholfen, sagt von Dassel, etwa als eine hochschwangere Frau angetroffen wurde. Eine Lösung für alle Wanderarbeiter verbiete sich aber. „Wir können in dieser rechtlichen Grauzone keinen Präzedenzfall schaffen. Das ist ein europäisches Problem, und es wird größer.“ Auch wenn der Bezirk sich über rechtliche Einwände hinwegsetzen würde, hätte er gar keine Unterkünfte zur Verfügung.

Bauaufsicht streitet mit Eigentümer der Eisfabrik

Gleichzeitig streitet die bezirkliche Bauaufsicht mit dem Eigentümer der Eisfabrik, Thomas Durchlaub von der Bochumer Firma Telamon. Gegen ihn wurde eine „Sicherungsanordnung“ erlassen. Er solle sein Eigentum „gegen unbefugtes Betreten“ schützen. „Das Gebäude ist hygienisch unzumutbar und gefährlich, man kann abstürzen“, erklärte die Leiterin der Bauaufsicht, Tanja Lier. Durchlaub könnte das Gebäude durch die Polizei räumen lassen, das sei ihm in mehreren Gesprächen nahegelegt worden. Thomas Durchlaub sieht das völlig anders. „In dem Gebäude hausen Obdachlose, das tangiert die Menschenwürde und die öffentliche Ordnung. Dafür ist der Bezirk zuständig.“

Durchlaub hat gegen die Anordnung Rechtsschutz beantragt. Nun muss das Verwaltungsgericht die verworrene Lage prüfen. Durchlaub sagt, er hätte das leer stehende Gebäude mit einem Zaun und einer Stahltür ausreichend gesichert, dennoch seien Menschen gewaltsam eingedrungen. Die Eisfabrik soll zu einem Veranstaltungsort ausgebaut werden. Doch die Pläne werden durch Luxuswohnungen blockiert, die auf den Freiflächen drum herum geplant sind. Sie gehören der TLG. Durchlaub steht also nicht unter Zeitdruck.

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