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Berlin: Wer kann nach 12 Jahren Abitur machen?

Im Februar tritt das neue Schulgesetz in Kraft. Wir baten Experten der Bildungsverwaltung, die Fragen unserer Leser zu beantworten. Teil zwei: Die Oberschulen

Die Telefone standen nicht still, als vier Experten der Senatsbildungsverwaltung im Tagesspiegel Auskunft zum neuen Schulgesetz gaben. Gestern veröffentlichten wir die Antworten zu den am häufigsten gestellten Fragen im Bereich der Grund und Berufsschulen. Heute geht es um Aspekte, die vor allem Gymnasien, Gesamt-, Real- und Hauptschulen betreffen.

Samstagsunterricht

Müssen die Gesamtschulen und Gymnasien künftig auch sonnabends unterrichten, um die zusätzlichen Stunden unterzubringen?

Nein. Jede Schule kann selbst bestimmen, wie sie die Unterrichtsstunden, die wegen der Verkürzung des Abiturs hinzukommen, unterbringen. Das kann am Nachmittag sein oder am Sonnabend. Die Eltern und Schüler werden in die Entscheidung einbezogen.

Realschüler

Wenn die Aufbauzüge für Realschüler wegfallen, wie können sie dann künftig zum Abitur kommen?

Vom Schuljahr 2005/06 an brauchen sie ein Zeugnis, das sie zum Besuch der gymnasialen Oberstufe berechtigt. Damit können sie auf die dreijährige gymnasiale Oberstufe an Gesamtschulen, Oberstufenzentren und einigen ausgewählten Gymnasien wechseln. Für besonders leistungsstarke Schüler kommt auch die zweijährige Variante infrage.

Und im kommenden Schuljahr bleibt alles beim Alten?

Ja, die alten Bedingungen für den Übergang an die gymnasialen Oberstufe gelten noch für 2004/05, auch wenn die Aufbauzüge formal bereits abgeschafft sind.

Gesamtschüler

Welche Gesamtschüler dürfen die zweijährige, welche die dreijährige gymnasiale Oberstufe besuchen?

Das kommt darauf an, welche Leistungen sie nach Klasse 10 vorweisen können. Wenn sie Anforderungen wie auf dem Gymnasium erfüllen, können sie die zweijährige Form besuchen. Ansonsten bleibt die dreijährige Form. Da die Verkürzung des gymnasialen Bildungsganges erst im Schuljahr 2010/2011 greift, ist über die einzelnen Leistungsanforderungen noch nicht abschließend entschieden worden.

Abitur

Verkürzt sich das Abitur schon für die Schüler, die im Sommer in die elfte Klasse kommen?

Nein. Für diese Schüler ändert sich aber das Abitur inhaltlich durch eine zusätzliche Prüfungskomponente und zentrale Aufgaben.

Wie funktionieren die zentrale Aufgabenstellungen etwa bei den Fremdsprachen? Könnte man das mal am Beispiel des Faches Englisch erläutern?

Kommissionen aus Praktikern und Schulräten erstellen Aufgaben auf Grundlage der neuen Rahmenlehrpläne. Sowohl die Schule als auch der Abiturient kann unter mehreren Aufgaben wählen. Alle Sprachenprüfungen finden an einem Tag statt.

Müssen auch Schüler, die das Abitur anstreben, zunächst den mittleren Schulabschluss ablegen?

Ja. Von dem Ergebnis hängt ja ab, ob man dann noch zwei oder drei Jahre bis zum Abitur braucht.

Was ändert sich für das Fach Sport?

Künftig kann man nur noch an den vier Sportschulen Sport als Leistungsfach belegen.

Lehrerqualität

Wie soll die Qualitätsverbesserung bei den Lehrern erreicht werden?

Durch das neue Schulgesetz sind die Schulen erstmals zur Auswertung (Evaluation) ihrer Arbeit verpflichtet. Zudem muss künftig nicht mehr der Schulrat die dienstlichen Beurteilungen der Lehrer verfassen, sondern der Schulleiter, der näher an der Arbeit der Lehrer dran ist.

Übergang zur Oberschule

Wer entscheidet künftig darüber, auf welche Oberschule ein Kind nach der Grundschule wechselt?

Es bleibt beim Vorrang des Elternwillens, auch wenn die Grundschule eine abweichende Empfehlung gegeben hat. Eltern haben aber keinen Anspruch auf eine bestimmte Schule, wenn es dort mehr Anmeldungen als Plätze gibt.

Grundständige Gymnasien

Das mathematisch-naturwissenschaftlich orientierte Heinrich-Hertz-Gymnasium hat seit langem beantragt, schon mit Klasse 5 zu beginnen, damit die mathematisch begabten Kinder früher in dieser Richtung gefördert werden können. Warum bekommen wir vom Schulträger keine Antwort?

Im neuen Schulgesetz ist vorgesehen, dass generell nur altsprachliche Bildungsgänge ab Klasse 5 beginnen sollen. Wegen des Antrags der Heinrich-Hertz-Schule wird die Senatsbildungsverwaltung mit dem Bezirksamt Rücksprache nehmen. Im Übrigen wird Senator Böger am 23. Februar sein Konzept zur Förderung von Kindern mit besonderen Begabungen vorlegen.

Mittlerer Bildungsabschluss

Wann wird der neue mittlere Schulabschluss erstmals vergeben?

Am Ende des Schuljahres 2005/2006. Dies bedeutet, dass die schriftlichen Prüfungen, die mindestens in Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache abgelegt wurden, in die Abschlussnote der 10. Klasse einfließen.

Ist nicht zu befürchten, dass der neue Bildungsabschluss mit seinen zentralen Prüfungen dazu führt, dass weniger Schüler den Übergang in die Oberstufe schaffen?

Durch die neue größere Eigenverantwortung haben die Schulen doch mehr Möglichkeiten, auch schwache Schüler individuell zu fördern. Sie können ihre Stundentafeln verändern, sie können fächerverbindendes und fachübergreifendes Lernen einführen. Dies bedeutet, doch, dass sie selbst stärker als bisher entscheiden können, wie sie Schüler zum Abschluss bringen.

Werden die Vorgaben in den Gesamtschulen verschärft?

An eine Veränderung der Vorgaben in Bezug auf die verbindlich vorgeschriebenen zwei Kurse im höheren Anspruchsniveau ist nicht gedacht. Es ist allerdings empfehlenswert, wenn Schüler, die den mittleren Schulabschluss anstreben, rechtzeitig durch eine entsprechende Schullaufbahnberatung und angemessene Förderung an den Besuch von Kursen mit höherem Anspruchsniveau in der 9. und 10. Klasse in Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache herangeführt werden und der Unterricht in den G- Kursen so gestaltet wird, dass die Schüler eine vernünftige Chance erhalten, die Abschlussprüfung in diesen Fächern zu bestehen.

Weitere Infos unter

www.senbjs.berlin.de. Aber aufgepasst: Die Senatsbildungsverwaltung hält ihre Internetseiten nicht immer auf dem neuesten Stand. Dort kann man zwar das neue Schulgesetz finden, aber auch noch den längst überholten Entwurf für das Abitur nach zwölfeinhalb Jahren.

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