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Berlin: Wer kommt auf den zweiten Platz ? - die Wahlforscher sehen die SPD vor der PDS

In der Euphorie des sächsischen Wahlerergebnisses hat die Fraktionsvorsitzende der PDS, Carola Freundl, einen Streit innerhalb der Partei über das Abschneiden der PDS bei den Abgeordnetenhauswahlen am 10. Oktober vom Zaun gebrochen.

In der Euphorie des sächsischen Wahlerergebnisses hat die Fraktionsvorsitzende der PDS, Carola Freundl, einen Streit innerhalb der Partei über das Abschneiden der PDS bei den Abgeordnetenhauswahlen am 10. Oktober vom Zaun gebrochen. Freundl sah es plötzlich als durchaus realistisch an, dass die PDS in ganz Berlin so weit aufholt, dass sie die SPD überholen kann. Bisher hatte sich die PDS vornehm zurückgehalten und lediglich davon gesprochen, ihr Ergebnis von 1995 (16,2 Prozent) verbessern zu wollen. Daraufhin musste sich Frau Freundl gestern deutliche Widerworte der PDS-Landesvorsitzenden Petra Pau gefallen lassen, die vor übertriebenen Hoffnungen warnte. Und dies offenbar durchaus berechtigt.

Nach Berechnungen von Wahlforschern ist es selbst bei großen Zuwächsen für die PDS nahezu unmöglich, die Berliner SPD als zweitstärkste Kraft in der Stadt abzulösen. Die Abstände zwischen den Parteien seien dafür einfach zu groß und auch das Potenzial für die PDS im Westteil der Stadt nach wie vor zu gering. Mit 36 Prozent erreichte die PDS im Ostteil 1995 ein beachtliches Ergebnis und konnte ihre Wählerklientel zum überwiegenden Teil mobilisieren. Experten rechnen zwar damit, dass die PDS ihren Anteil steigern kann, allerdings seien dem Wachstum deutliche Grenzen gesetzt.

Ähnlich die Situation in der westlichen Stadthälfte, die in der Gesamtgewichtung drei Fünftel ausmacht. Hier konnte die PDS 1995 lediglich einen Stimmenanteil von zwei Prozent für sich verbuchen. Ein Zuwachs ist der Partei zwar so gut wie sicher, allerdings sind die Steigerungsraten überschaubar. Da die PDS 1995 im Westen rund 22 000 Stimmen erhalten hatte, müsste sie bei einer auf 60 Prozent sinkenden Wahlbeteiligung ihre Stimmen verdreifachen, um über vier Prozent der Stimmen zu kommen, haben Wahlforscher errechnet. Vor vier Jahren gaben noch 63,7 Prozent ihre Stimme ab. Vier Prozent scheinen demzufolge selbst für die auch im Westen im Aufwind befindliche PDS ein höchst ehrgeiziges und eher unrealistisches Ziel. Ebenso scheint es kaum möglich, im Osten an die 45-Prozent-Marke zu stoßen. Dies wäre Voraussetzung, um der SPD im Bereich der 20 Prozent Wähleranteil gefährlich zu werden.

Hier genau sehen nicht nur die aktuellen Umfragen die SPD. Das historische Tief von 23,6 Prozent von vor vier Jahren dürfte selbst für die SPD nur begrenzt zu unterschreiten sein. Erdrutschartige Verluste im Vergleich zum Vorwahlergebnis seien nicht zu erwarten, da die SPD bereits 1995 ihre Kernklientel habe motivieren können. Anders als in anderen Bundesländern habe die SPD in Berlin einen festen Grundstamm an Wählern, der ihr auch unter den widrigsten Umständen die Treue halte. Dieser liege ungefähr bei 20 Prozent. Insofern sei ein Überholen der SPD durch die PDS angesichts der jüngsten Wahlergebnisse eher von Überoptimismus als von Realitätssinn geprägt.

Carola Freundl wollte gestern denn auch von einem Erreichen der 20-Prozent-Marke nichts wissen. Sie sei von einem PDS-Ergebnis von um die 16 bis 17 Prozent ausgegangen, vorausgesetzt, der Abwärtstrend der SPD halte bis zum 10. Oktober unvermindert an. Dass sie ihren Optimismus in aller Öffentlichkeit artikulierte, nannte sie "eine Frage des politischen Temperaments". Es gebe für die PDS keinen Grund, nicht mit frohen Erwartungen dem Wahlergebnis entgegen zu sehen. Allerdings bleibe sie bei ihrer Einschätzung, dass es der PDS nicht gelingen werde, in alle westlichen Bezirksverordnetenversammlungen einzuziehen. Das wiederum schätzt die Parteivorsitzende Pau wesentlich optimistischer ein. Sie hatte bereits vor längerer Zeit die Parole ausgegeben, dass ihre Partei nach dem 10. Oktober in allen Bezirken präsent sein wird.

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