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Berlin: Wer seriös ist, bedrängt die Spender nicht

Immer mehr soziale Organisationen beschäftigen Fundraiser oder Fachfirmen Vorsicht ist aber geboten, wenn man von den Werbern genötigt wird

Der junge Mann geht auf die alte Dame zu und lächelt sie an. An seiner Jacke ist das leuchtend rote Malteser-Kreuz zu sehen, auch der Stand hinter ihm nahe dem U-Bahnhof Gesundbrunnen in Wedding ist in den Malteser-Farben Rot und Weiß gehalten, auf dem Tisch liegen Informationsmaterialien der Sozialorganisation. Der junge Mann wirbt für eine Spenden-Mitgliedschaft. Die Seniorin beäugt ihn etwas kritisch und fragt, ob er überhaupt von den Maltesern kommt. „Nein, aber wir arbeiten im Auftrag der Malteser“, antwortet er.

Viele soziale Organisationen arbeiten mittlerweile mit externen Firmen zusammen, die sich auf „Fundraising“, das Einwerben von Spenden, spezialisiert haben. Sie erstellen zum Beispiel Spendenbriefe, organisieren Info-Stände oder fragen telefonisch bei Mitgliedern nach, ob sie mehr als bisher spenden möchten. „Mit einem anderen Dienstleister zusammenzuarbeiten, ist nicht von vornherein unseriös“, meint der Fundraising-Experte Friedrich Haunert von der Paritätischen Akademie. Immer mehr Vereine und Organisationen haben aber auch eigene Fundraising-Experten, die für Öffentlichkeitsarbeit und die Akquise von Geldern zuständig sind.

Ohne professionelle Fundraising-Firmen wäre es zum Beispiel nicht möglich gewesen, dass nach der Tsunami-Katastrophe vor einigen Jahren in kurzer Zeit per SMS über Handy gespendet werden konnte. „Wenn eine Organisation das selbst versucht, die davon keine Ahnung hat, würde es viel zu lange dauern“, sagt Haunert. Doch wenn der Spender unsicher sei, mit wem er es zu tun habe, solle er ruhig nachfragen. Mitarbeiter einer seriösen Fundraising-Agentur würden dann auch offen antworten.

Wer auf der Straße oder gar an der eigenen Wohnungstür angesprochen wird, kann so spontan oft schwer beurteilen, ob es sich um eine seriöse Organisation handelt. Fundraising-Experte Haunert rät dazu, Fragen zu stellen und sich Zeit zu nehmen. Klar ist: „Jeder Druck ist unseriös“, sagt Haunert. Andererseits sei auch nachvollziehbar, dass die Mitarbeiter versuchen würden, ihre Arbeit gut zu machen und möglichst viele Menschen zum Spenden zu motivieren. Deshalb sei es ihnen natürlich am liebsten, wenn Menschen gleich vor Ort unterschreiben, sagt Thomas Röhr, Vorstand des Deutschen Fundraising Verbands. Es sei wichtig, sich das Kleingedruckte im Aufnahmeformular gut durchzulesen. Bei einem seriösen Angebot würden die Mitarbeiter das in Ruhe abwarten. Es sollte deutlich darin stehen, dass man jederzeit ein Widerrufsrecht hat, also vom Vertrag zurücktreten kann, und dass die Daten des Spenders nicht weitergegeben werden. Es gebe Verträge, bei denen man sich als Spender oder Mitglied beispielsweise zwei Jahre binden solle – so etwas sei nicht seriös.

Vorsicht sei geboten, wenn man noch keinen Kontakt zu einer Organisation hatte, diese aber plötzlich anruft. „Da sollte man sofort wieder auflegen“, empfiehlt Haunert. Ganz selten komme es vor, dass jemand, der nicht autorisiert ist, sich die Kleidung einer Hilfsorganisation besorgt und an Haustüren um Spendengelder bittet, sagt Röhr. Das erkenne man aber leicht daran, dass dann nur nach Bargeld gefragt werde, nicht nach einer Spenden-Mitgliedschaft. Dann soll man natürlich nicht darauf eingehen. Am besten sei es, selbst aktiv zu suchen, wofür man spenden möchte, sagt Haunert. Dann könne man etwa im Internet eine entsprechende Hilfsorganisation ausfindig machen und sich ausführlich auf deren Internetseite informieren.

Fundraising werde immer wichtiger für die Organisationen, sagt Thomas Röhr. „Das hat auch damit zu tun, dass sich der Staat finanziell aus vielen Kulturbereichen und dem Sozialwesen zurückzieht.“ Stifter versuchen hier, die Lücken zu schließen. „Mit fast 1000 Neugründungen von Stiftungen pro Jahr ist das ein richtiger Boom-Bereich“, bekräftigt Haunert. Immer mehr Menschen würden einen Teil ihres Erbes spenden, sagt Anke Pätsch vom Bundesverband Deutscher Stiftungen. Sie rät dazu, sich sowohl bei Stiftungen als auch allen anderen Organisationen vorher gut zu informieren. „Schwarze Schafe“ gebe es leider in jedem Bereich. „Wer nur den geringsten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit einer Organisation hat, sollte zunächst Informationen einholen, etwa beim Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen.“

Die nächste Folge „So funktioniert das soziale Berlin“ erscheint am 5. November

Karin Schädler

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