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Berlin: Wer wegen Mordes in Haft sitzt, kommt zuerst in die Gendatei

BERLIN .In den Berliner Strafanstalten haben die Vorbereitungen auf die neue Gen-Datei für Schwerverbrecher begonnen.

BERLIN .In den Berliner Strafanstalten haben die Vorbereitungen auf die neue Gen-Datei für Schwerverbrecher begonnen.Die bundesweite Datei soll, wie berichtet, Beschuldigte und Verurteilte erfassen, bei denen die Justiz von Rückfallgefahr ausgeht.Die Realisierung der Datei ist in hohem Maße durch die Diskussion über rückfällige Sexualverbrecher und vor allem ihre kindlichen Opfer vorangetrieben worden.In Berlin sollen zunächst, wie Justizsprecherin Svenja Schröder erklärte, als "Altfälle" alle Straftäter erfaßt werden, die wegen Mordes, Totschlags, schweren Menschenhandels und erheblicher sexueller Verbrechen hinter Gittern sitzen.Ob allerdings Rückfallgefahr angenommen wird, werden erst später die Staatsanwaltschaft und am Schluß ein Richter entscheiden.

Die Entnahme von "Körperzellen", also beispielsweise einer Blutprobe, zur späteren DNA-Identifizierung ist nämlich ein Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit.Das kurz vor der Verkündung stehende "DNA-Identitätsfeststellungsgesetz" bedarf also in jedem Einzelfall des juristischen Segens.Der genetische Fingerabdruck darf danach, mit einer Generalklausel, bei Straftaten "von erheblicher Bedeutung" abgenommen werden, "wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse" Grund zu der Annahme besteht, daß der Betreffende sich künftig erneut und einschlägig schuldig macht.Das gleiche gilt auch für bereits Verurteilte und Insassen des Maßregelvollzugs, also Schuldunfähige oder Geisteskranke.Werden später bei einem entsprechenden Verbrechen Haare oder Blut, Sperma, Hautschuppen oder andere Körperzellen gefunden, soll ein Blick in die Gen-Datei beim Bundeskriminalamt den Wiederholungstäter entlarven.

Solange das Gesetz nicht in Kraft ist, kann die Justiz nicht mit der DNA-Registrierung beginnen.Die Strafanstalten sind nach Angaben von Schröder aber schon dabei, unter den mehr als 5000 Strafgefangenen der Stadt die Täter mit den entsprechenden Delikten herauszusuchen.Ob Rückfallgefahr bestehe, muß dann später ein Staatsanwalt entscheiden.Danach wird ein Richter die DNA-Analyse genehmigen oder verbieten.

Für das Verfahren kommen Hunderte Täter in Frage.So hat es 1997 zum Beispiel in Berlin 141 Verurteilungen wegen Mißbrauchs von Kindern gegeben, 21 wegen schweren Menschenhandels, 85 wegen Vergewaltigung, 86 wegen Totschlags und 31 wegen Mordes.Die Häftlinge müssen damit rechnen, daß ihnen nun nach dem konventionellen Fingerabdruck auch der genetische Abdruck genommen wird.

Bei aktuellen Strafverfahren arbeitet die Berliner Polizei bereits seit 1989 mit DNA-Analysen.Seitdem wurden über 14 000 Tatortspuren und Vergleichsproben untersucht, wie der Senat gerade mitgeteilt hat.Jede Untersuchung kostet 220 Mark.

HANS TOEPPEN

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