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Berlin: Wer, wie, was?

112 kluge Köpfe beantworten auf dem Bebelplatz die „100 wichtigsten Fragen der Menschheit“: Drei Minuten hatten sie jeweils Zeit. Alle antworteten gleichzeitig. Und in ihrer Landessprache

Der kleine Mann aus Indien zieht sich seine Wollmütze weit über die Ohren, streift einen warmen Pullover über sein weißes Hemd und lächelt. „Ich bin auf alles vorbereitet“, sagt Govindaswamy Hariramamurthi und zeigt auf seine schwarze Ledertasche. „Einen Regenschirm habe ich auch noch dabei.“

Es ist neun Uhr am Samstagmorgen, auf dem Bebelplatz in Mitte weht ein kühler Wind. 112 kluge Menschen aus allen Ländern kommen hier am weltweit größten runden Tisch zusammen und beantworten die 100 „wichtigsten Fragen der Menschheit“ zu Klimawandel, Menschenrechten und Politik. Und Mister Hariramamurthi ist einer von ihnen.

In seinem Heimatland Indien setzt er sich für die Verbreitung traditioneller Heilmethoden ein. Am Samstagmorgen in Berlin könnte er eine Tasse Kräutertee gut vertragen, denn ihm ist kalt. Vom Tisch, der 33 Meter Durchmesser und 110 Meter Umfang hat, und vom Sechs-Millionen-Euro-Projekt „Dropping Knowledge“ der Initiatoren ist er dennoch begeistert. „Hier kommen Menschen aller Kulturen zusammen, um friedlich zu diskutieren.“ Weil er die Idee, Fragen zu beantworten, die von Menschen aus aller Welt im Internet gestellt wurden, so großartig findet, reiste er extra aus Indien an.

Berlin, das sei die Stadt, die sich so gut wie keine andere für diese innovative Fragerunde anbiete: Dieser Überzeugung ist zumindest Mohammed Arkoun, der links neben Govindaswamy Hariramamurthi sitzt und sich in eine der blauen Wolldecken wickelt, die von Helfern verteilt werden. „Berlin hat eine so gewaltige, gegenwärtige Historie“, sagt der Professor für Islamische Geschichte an der Pariser Sorbonne. Die Stadt stehe symbolisch für die Zerstörung von Kultur, aber auch für Widerstand und Hoffnung.“

Schließlich, um kurz vor zehn Uhr, verlesen die Moderatoren Hafsat Abiola und Willem Dafoe die erste Frage: „Sind Marken mächtiger als Regierungen?“ Kurz herrscht Stille. Dann murmeln 112 Menschen aus aller Welt in drei Minuten eine Antwort in das Mikrofon an ihrem Platz. Sie blicken in die kleinen Kameras vor ihnen. Manche lächeln, andere runzeln die Stirn, bis zum Abend geht das so. Ihre Antworten sind nicht zu hören – jedenfalls nicht auf dem Bebelplatz. Nur im Internet. Dorthin sendet das Technikteam alle Aufnahmen sofort. Hinter einem Absperrgitter stehen die Zuschauer, manche sind „fasziniert“, wegen der „ernsthaften und nachdenklichen Stimmung“; andere sprechen von „Blödsinn“. Was die Menschheit mit den 11 200 Antworten anfängt, ist noch offen.

Die Antworten im Internet:

www.droppingknowledge.org

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