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Auch im Rathaus Lichtenberg wird es Veränderungen geben: Statt der SPD dürfte hier künftig die Linkspartei den Bürgermeister stellen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wer wird Bürgermeister in Berlins Bezirken?: In diesen Rathäusern wird es besonders spannend

Pankow und Lichtenberg bekommen neue Chefs, Mitte wohl auch – und in Friedrichshain-Kreuzberg muss Monika Herrmann mit den Linken verhandeln.

Die Wahl hat die Machtverhältnisse in den Bezirken durcheinandergewirbelt. Wer werden die neuen Bürgermeister sein, wer kommt als Stadtrat in Frage? Ein Blick auf Machtkämpfe in spannenden Bezirken.

MITTE

In Mitte ist derzeit noch fast alles möglich, nachdem die Grünen zwei Stadträte stellen und SPD, Linke und CDU jeweils nur einen. Bereits am Montag hatten die grüne Bezirksstadträtin Sabine Weißler und ihr Parteikollege, Stadtrat und Bürgermeisterkandidat Stephan von Dassel, angekündigt, mit allen außer der AfD sprechen zu wollen. Am heutigen Mittwoch geht es mit der SPD und den Linken los, dann folgen CDU, FDP und Piraten. Wahrscheinlichste Konstellation dürfte eine Zählgemeinschaft mit Linken, FDP und Piraten sein, wobei die beiden letzten keinen eigenen Stadtratsposten haben und deshalb eventuell leichter zu händeln sind als die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten und Stadtrat Carsten Spallek.

Der wiederum zeigt sich offen für jede Konstellation, die eine „sachliche Arbeit für den Bezirk ermöglicht“, wie er sagt. Ähnliches hört man auch von den Linken, die sich schon wegen des Wählerauftrags einen grünen Bezirksbürgermeister vorstellen könnten. Jedenfalls eher als eine weitere Legislaturperiode mit Amtsinhaber Christian Hanke. Der hat sich offenbar bei einigen Parteien und ihren Vertretern unbeliebt gemacht– und es weder am Wahlabend noch auf der Bezirksamtssitzung am Dienstag fertig gebracht, seinem Konkurrenten von Dassel zum knappen Sieg der Grünen zu gratulieren.

Wie aus SPD-Kreisen zu erfahren ist, werden weder Hanke noch die bisherige Bezirksstadträtin Sabine Smentek an den heutigen Gesprächen mit den Grünen teilnehmen – wohl auch, weil nur einer von ihnen Stadtrat werden kann. Eine innerparteiliche Auseinandersetzung steht also der SPD bevor, auch wenn Noch-Bürgermeister Hanke die Hoffnung auf ein Bündnis gegen die Grünen noch nicht aufgegeben hat.

PANKOW

Im neuen Pankower Bezirksamt gehen die fünf Posten (Bürgermeister und vier Stadträte) an fünf verschiedene Parteien: Linke, SPD, Grüne, CDU und AFD. Stadtrat Thorsten Kühne (CDU) bleibt wahrscheinlich, ebenso Jens-Holger Kirchner von den Grünen, der allerdings auch gern Bürgermeister werden würde. Darauf erhebt Sören Benn von der Linkspartei Anspruch, die mit 21,1 Prozent stärkste Fraktion ist: „Die stärkste Partei stellt den Bürgermeister, so haben wir es in Pankow bisher immer gehalten.“ Benn, Jahrgang 1968, war in der vergangenen Legislaturperiode nicht in der BVV. Er arbeitet bei der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus als Referent für Wirtschaft und Verkehr. Als Berufe gibt er „Baufacharbeiter, Schauspieler, Diplom-Sozialpädagoge“ an. Für die SPD könnte Rona Tietje Stadträtin werden. Die 34-Jährige ist seit 2006 in der BVV. Die Juristin arbeitet in der Senatsverwaltung für Finanzen.

Und welche Zählgemeinschaft ist wahrscheinlich? Linke, Grüne und SPD hätten eine komfortable Mehrheit, allerdings könnten auch Grüne, SPD und CDU zusammenkommen und dann vielleicht doch den Grünen Kirchner zum Bürgermeister wählen. „CDU und SPD haben massiv verloren, mit einer solchen Konstellation würde man den Wählerwillen ignorieren“, sagt Linkenkandidat Benn dazu. Seine Partei hat alle Parteien außer der AFD zu Gesprächen eingeladen.

Die CDU hält sich noch bedeckt. Ihr Fraktionsvorsitzender in der BVV, Johannes Kraft, will zunächst mit den großen Fraktionen sprechen. „Wir schließen derzeit nichts aus“, sagte er auf die Frage, ob seine Fraktion auch einen anderen Kandidaten als Kirchner unterstützen würde. Die Verhandlungsposition der CDU ist in jedem Fall gut, denn sie dürfte zum Königsmacher werden. Im Gegenzug für ihre Unterstützung – oder eine Enthaltung bei der Bürgermeisterwahl – könnte sie beispielsweise eines der wichtigen Ressorts im Bezirksamt beanspruchen. Besonders attraktiv könnte für die CDU das Thema Stadtentwicklung sein, das im Boombezirk Pankow viel Gestaltungsspielraum bietet.

Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg

LICHTENBERG

Die nächste Bürgermeisterin in Lichtenberg wird wahrscheinlich Evrim Sommer, Spitzenkandidatin der Linken. „Das erwarte ich“, sagt sie dem Tagesspiegel. Die 45-Jährige saß bis zur Wahl 17 Jahre im Abgeordnetenhaus. „Ich will die Probleme hier anpacken, vor allem die Armut“, sagt sie. Das Thema wolle sie nicht „den rechtspopulistischen Kräften der AfD überlassen.“

Sommer ist in der Türkei geboren und als Kind mit ihrer kurdischen Familie nach Deutschland geflüchtet. Sie hat als Übersetzerin gearbeitet, als Abgeordnete hat sie berufsbegleitend Sozialwissenschaften, Gender Studies und Geschichte studiert. „Zur Zeit schreibe ich meine Bachelorarbeit über die Kontrolle von Prostitution“, sagt sie.

Ihre Linke könnte gemeinsam mit der SPD regieren. Sommer will sich darauf aber noch nicht festlegen, sondern erst mit allen Parteien sprechen, „außer mit der AfD.“ Die bisherige Bürgermeisterin Birgit Monteiro (SPD) zeigt sich noch skeptisch, wie gut die Zusammenarbeit mit der Linkspartei funktionieren kann. „Vor allem bei der Haushaltspolitik haben sich Unterschiede gezeigt.“ Ihr sei es wichtig, nur Geld auszugeben, über das der Bezirk wirklich verfüge. „Die Linken wollen oft schneller ausgeben“, sagt sie. Zur möglichen Bürgermeisterin Sommer sagte Monteiro, sie sei „gespannt, wie gut Sommer ohne BVV-Erfahrung die bezirklichen Zusammenhänge kennt.“

Die vier Stadtratsposten werden auf Linke, SPD, CDU und AfD verteilt. Die Grünen, die kleinste Fraktion, werden wieder keinen Stadtrat stellen.

FRIEDRICHSHAIN-KREUZBERG

In Friedrichshain-Kreuzberg kann das Bezirksamt fast unverändert weitermachen: Die Grünen bekommen wie bisher drei Posten (Bürgermeisterin und zwei Stadträte), SPD und Linke je einen. Für die SPD könnte Stadtrat Peter Beckers weitermachen, für die Linke Knut Mildner-Spindler. Sicher ist, dass bei den Grünen Jana Borkamp als Stadträtin aufhört. In der vergangenen Legislaturperiode gab es eine Zählgemeinschaft von Grünen und SPD. Dafür würde es auch dieses Mal auch reichen, allerdings dürfte auch die Linke Ansprüche anmelden, zumal SPD und Linke gemeinsam mehr Sitze als die Grünen haben.

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