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Berlin: Wer zahlt die Behandlung von behinderten Kindern? Krankenkassen wollen ambulante Kliniken nicht finanzieren

Berliner Ärzte befürchten, dass ab Januar rund 2600 behinderte oder entwicklungsgestörte Kinder in der Hauptstadt nicht mehr optimal versorgt werden können. Hintergrund ist die Entscheidung des Zulassungsausschusses, dreizehn von insgesamt zwanzig so genannten Sozialpädiatrischen Zentren in Berlin die Genehmigung zur ambulanten Behandlung zu entziehen.

Berliner Ärzte befürchten, dass ab Januar rund 2600 behinderte oder entwicklungsgestörte Kinder in der Hauptstadt nicht mehr optimal versorgt werden können. Hintergrund ist die Entscheidung des Zulassungsausschusses, dreizehn von insgesamt zwanzig so genannten Sozialpädiatrischen Zentren in Berlin die Genehmigung zur ambulanten Behandlung zu entziehen. In diesen Zentren betreuen Kinderärzte, Psychologen, Krankengymnasten und Logopäden gemeinsam Kinder und Jugendliche, die geistig oder körperlich behindert sind. Spastiker zum Beispiel, Patienten mit dem Down-Syndrom oder Kinder mit einer Rechtschreib- oder Hörverarbeitungsschwäche.

„Diese Kinder benötigen die integrierte, komplexe Förderung von einem Team an einem Ort“, sagt Elke Jäger-Roman, Vorsitzende des Berliner Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Ohne die Zulassung zur ambulanten Behandlung können die Sozialpädiatrischen Zentren ihre Leistungen nicht mehr mit den Krankenkassen abrechnen. Die Folge: Die Patienten müssen während ihrer Behandlung jeden Spezialisten, Logopäden oder Psychologen einzeln besuchen. Außerdem ist die wichtige Zusammenarbeit aller Beteiligten dadurch erschwert. „Gerade den Familien, die durch die Krankheit oder Behinderung ihres Kindes schon genug am Hals haben, wird durch diesen Therapie-Tourismus noch mehr aufgebürdet“, sagt Jäger-Roman.

Die Krankenkassen argumentieren dagegen mit der undurchsichtigen Struktur der Zentren. „Wir müssen im Interesse der Beitragszahler überprüfen, ob diese Einrichtungen ihre Patienten tatsächlich medizinisch behandeln oder ob sie diese auch pädagogisch betreuen", sagt der Chef der Berliner AOK, Rolf D. Müller, im Namen der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen. Die Förderung der Kinder zum Beispiel mit einer schulischen Betreuung müsste dann – wie in anderen Bundesländern üblich – vom Land bezahlt werden.

Man habe dies jedoch nicht herausfinden können, weil die Therapiezentren dem mit der Prüfung beauftragten Medizinischen Dienst den Zutritt verweigerten. Intern schätzen die Kassen, dass bis zu zehn Prozent der Leistungen, die die Zentren abrechnen, nicht von den Krankenkassen bezahlt werden müssten. Müller signalisiert Gesprächsbereitschaft. Man wolle die Einrichtungen nicht grundsätzlich abschaffen.

Der Überprüfung durch die Krankenkassen hätten sich die betroffenen Zentren nur deshalb verweigert, weil sie aus den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit gelernt hätten, sagt Ärztefunktionärin Jäger-Roman. Schon 1989 hatten sich Kassenärzte und Krankenkassen darauf geeinigt, was ein Sozialpädiatrisches Zentrum leisten muss. Dazu gehört auch eine entsprechende Ausstattung mit Diagnosegeräten, zum Beispiel einem EEG oder einem Messinstrument zur Bestimmung der Muskelleitfähigkeit.

Doch darüber verfügen die wenigsten der kleinen Zentren in Berlin. Erst kürzlich sei einer Einrichtung aus diesem Grunde die Zulassung zur ambulanten Behandlung entzogen worden, sagt Jäger-Roman. Nun fürchten die anderen, ihnen drohe ein ähnliches Schicksal.

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