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Das Potsdamer Fluggastrechteportal Flightright hat Fluggesellschaften wie Lufthansa, Air Berlin und Co. offenbar das Fürchten gelehrt.

© dpa

Wer zu spät kommt, der muss zahlen: Flightright sagt Fluggesellschaften den Kampf an

Ein Unternehmen in Potsdam hat sich darauf spezialisiert, Ansprüche von Fluggästen durchzusetzen. 98 Prozent der Forderungen konnten nach Firmenangaben erfolgreich eingetrieben werden.

Von Matthias Matern

Vor fünf Jahren haben Sven Bode und Philipp Kadelbach den großen Fluggesellschaften den Kampf angesagt. Mittlerweile hat das Potsdamer Fluggastrechteportal Flightright Fluggesellschaften wie Lufthansa, Air Berlin und Co. offenbar das Fürchten gelehrt. Allein im vergangenen Jahr hat das Unternehmen nach eigenen Angaben mehr als 400.000 Fluggästen bei der Einforderung ihrer Ansprüche geholfen. „Bislang waren wir vor Gericht in mehr als 98 Prozent aller von uns vertretenen Fälle erfolgreich“, sagt Marek Janetzke, seit August 2012 einer von drei Geschäftsführern. Inzwischen hat der Erfolg längst die ursprünglichen Kapazitäten des Unternehmens gesprengt. Gerade erst hat Flightright seinen Firmensitz nahezu verdoppelt.

„Wir brauchten einfach mehr Platz. Zum Schluss mussten wir die Schreibtische immer enger stellen“, beschreibt Janetzke. Mittlerweile arbeiten bei Flightright mehr als 80 Mitarbeiter aus knapp 20 Ländern, darunter Spanier, Italiener, Inder und Franzosen. Grundlage des Geschäftsmodells ist die sogenannte Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union. Diese spricht Betroffenen von Flugausfällen und Verspätungen eine Entschädigung in Höhe von 250 bis zu 600 Euro zu. „Bei Entschädigungsansprüchen mauern Fluggesellschaften allerdings oft, weil sie wissen, dass es für die Betroffenen oft zu teuer ist, sich wegen solcher Beträge einen Anwalt zu nehmen“, erläutert Flightright-Chef Janetzke.

Sofortige Zahlungsaufforderung

Bei Flightright dagegen ist der Wunsch nach Wiedergutmachung weder mit Kosten noch mit zeitraubendem Papierkram verbunden – alles wird online abgewickelt. „Was beim Wald- und Wiesenanwalt um die Ecke händisch gemacht wird, versuchen wir zu automatisieren“, erläutert der Mitgeschäftsführer. Über die Internetseite können Betroffene unter Angaben ihrer Flugnummer ihren Fall in einem ersten Schritt kostenlos auf die Erfolgsaussichten prüfen lassen.

Stehen die Chancen gut, schickt Flightright an die Fluglinie eine sofortige Zahlungsaufforderung. Wird die Entschädigung trotzdem nicht gezahlt, prüft ein Team aus 15 Juristen den Fall und zieht gegebenenfalls vor Gericht. Sollte der Anspruch abgewiesen werden, entstehen dem Flightright-Kunden keine Kosten. Wird gezahlt, streichen die Potsdamer eine Provision von 25 Prozent der Entschädigungssumme ein.

Janetzke zufolge wurden bislang etwa 40 Millionen Euro an Kundenforderung durchgesetzt. 2014 habe sich der Umsatz gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Und nach eigener Einschätzung hat Flightright bisher nur die Spitze des Eisberges abgetragen. „Wir gehen davon aus, dass etwa 95 Prozent der Fluggäste ihre berechtigten Ansprüche gar nicht anmelden“, sagt Marek Janetzke.

Kooperation mit dem Hasso-Plattner-Institut

Gegründet wurde Flightright im Frühsommer 2010 in Hennigsdorf (Oberhavel). 2012 wechselte das Unternehmen nach Babelsberg. „Potsdam hat einfach mehr Lebensqualität zu bieten“, sagt Janetzke, der für Marketing, IT und Personalmanagement zuständig ist. Nicht zuletzt bei der Suche nach Fachkräften sei ein angenehmes Arbeitsumfeld wichtig – gerade im IT-Bereich. „Es gibt natürlich viele, die lieber nach Kreuzberg oder in den Prenzlauer Berg wollen. Wenn sie aber erst einmal hier waren, sind sie in der Regel überzeugt – besonders, wenn sie schon eine Familie haben“, so der 29-Jährige. Ein zweiter Grund für die Standortwahl sei die enge Kooperation mit dem Hasso-Plattner-Institut.

Trotz des offenbar noch nicht ausgereizten Potenzials haben die Unternehmer begonnen, sich neue Märkte zu erschließen. Im Treppenaufgang prangen schon die entsprechenden Logos: Bankright, Insuranceright, allright. Was mit Fluggastrechten funktioniert, wird vermutlich auch in anderen Bereichen funktionieren, so die Idee dahinter. Eine möglicherweise notwendige Überlegung: Denn immer wieder gebe es Bestrebungen in der EU, die Fluggastrechte zu schwächen, meint Janetzke. „Kurzfristig sehen wir zwar kein Risiko, aber vielleicht mittelfristig.“

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