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Ein kleiner Junge steht vor einer Flüchtlingsunterkunft.

© Bernd Settnik/dpa

Dubiose Security-Firmen: Werden Berlins Flüchtlingsheime von kriminellen Netzwerken bewacht?

Bei der Bewachung von Flüchtlingsheimen sollen kriminelle Netzwerke aus Sicherheitsfirmen aktiv sein. Offenbar gibt es auch Verbindungen ins Clan-Milieu.

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Bei der Bewachung von Berliner Flüchtlingsheimen sollen Recherchen des RBB-Fernsehens zufolge kriminelle Netzwerke aus privaten Sicherheitsunternehmen aktiv sein, die im Verdacht stehen, die öffentliche Hand seit Jahren durch Scheinrechnungen und Abrechnungsbetrug zu schädigen.

Über ein ganzes Geflecht an Subunternehmen sollen sich die Firmen gegenseitig Scheinrechnungen ausstellen und systematisch behördliche Kontrollen unterlaufen. Axel Osmenda, Fachgebietsleiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Hauptzollamt Berlin, bestätigte in einem Interview mit rbb24 Recherche die Existenz solcher Netzwerke: „Da gibt es ganze Unternehmensstrukturen, die einzig und allein zu dem Zweck gegründet werden, Scheinrechnungen zu legen“, sagte Osmenda. Über die Jahre betrachtet habe der Zoll festgestellt, dass dieses Phänomen im Sicherheitsgewerbe zugenommen hat.

Es soll mindestens zwei bekannte Netzwerke geben, zu denen rund 30 Firmen aus dem Sicherheitsgewerbe gehören. Mit ständig wechselnden Geschäftsadressen, dem Einsetzen von Strohmännern als Geschäftsführer und dem Gründen und schnellen Liquidieren von Unternehmen sollen diese Netzwerke eine Verschleierungstaktik entwickelt haben, die eine Kontrolle erheblich erschwert. Das Landeskriminalamt Berlin, so der RBB, habe auf Nachfrage dieses „immer wieder festgestellte Phänomen“ bestätigt.

Die Sicherheitsunternehmen sollen auf vielfältige Weise betrügen. So sollen Dokumente, die dem Sender vorliegen, belegen, dass in den letzten Jahren in zahlreichen Berliner Flüchtlingsunterkünften immer wieder Wachleute eingesetzt wurden, die nicht über die fachlichen Voraussetzungen oder die vorgeschriebenen Zuverlässigkeitsnachweise verfügten. Zudem sei systematisch mehr Personal abgerechnet worden, als in den Heimen zum Einsatz kam.

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Viele Wachleute würden darüber hinaus schwarz bezahlt, vorbei am Finanzamt und den Sozialversicherungen. Das berichteten Branchen-Insider und legen Lohnabrechnungen eines Sicherheitsunternehmens nahe, die dem Sender vorliegen. Danach wohnten in einem Fall alle in einer Berliner Flüchtlingsunterkunft tätigen Wachleute in der nicht existenten „Musterstraße 1“ und erhielten ihre Löhne in bar.

Rund 150 Millionen Euro seit 2017 für die Bewachung von Unterkünften

Im Hintergrund dieser Netzwerke sollen offenbar immer die gleichen Hintermänner agieren. Das Landeskriminalamt bestätigte dem RBB Bezüge solcher Strukturen zur Organisierten Kriminalität. Einige der Sicherheitsfirmen sollen nach Aussage der Berliner Polizei Mitgliedern des sogenannten Clan-Milieus gehören. 

Rund 150 Millionen Euro gab das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) seit 2017 für die Bewachung der Flüchtlingsunterkünfte in Berlin an private Sicherheitsfirmen aus. Die Behörde ist zuständig für 81 Flüchtlingsunterkünfte.

Die als Fachaufsicht für das LAF zuständige Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales erklärt in einer Stellungnahme, es seien zwar Missstände bekannt, aber die Senatsverwaltung habe keine Kenntnis von systematischem Betrug. Die Behörde verweist auf ihre umfangreichen Kontrollmechanismen, die Einrichtung einer Beschwerdestelle und eine neue Vertragsgestaltung seit November 2020. (Tsp)

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