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Martin Rüther ist der Geschäftsführer des Bastelladens Rüther in der Schöneberger Goltzstraße 37.

© Kai-Uwe Heinrich

Werkeln, kneten, flechten, malen: Bastelparadies feiert Jubiläum

Seit 50 Jahren finden Kreative ihre Utensilien beim Hobbyshop Rüther. Ein Besuch bei der Schöneberger Institution – und bei 60.000 Artikeln.

Augen! Jede Menge Augen, wohin das Auge blickt. Kleine, runde, ovale, grüne, blaue, kullernde, mit Wimpern, ohne Wimpern, braune Teddybäraugen, Augen für die Puppe. Augen zum Ankleben, Augen zum Annähen. Wer für irgendeine Bastelarbeit ein paar Augen braucht, wird bei Rüther in der Schöneberger Goltzstraße garantiert fündig.

An einer Wand hängen einige hundert verschiedene Exemplare, ordentlich verpackt in kleinen Tütchen. Der Laden ist seit vielen Jahren eine der ersten Adressen für viele, die sich kreativ betätigen wollen. Am Sonntag wird das Geschäft genau 50 Jahre alt.

Was sich heute als „Hobbyshop Wilhelm Rüther“ über drei Läden an der Goltzstraße und einen an der Frankenstraße mit zusammen 750 Quadratmeter Fläche erstreckt, begann 1969 recht klein.

Nur wenige Ecken entfernt in der Gleditschstraße eröffneten damals Wilhelm und Brigitte Rüther ihr Geschäft. „Auf 19 Quadratmetern “, sagt ihr Sohn Martin, der seit 1992 nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann mitarbeitet, heute das Geschäft im Wesentlichen führt und gemeinsam mit seinem Vater als Geschäftsführer fungiert.

1972 folgte der Umzug zunächst in ein anderes Gebäude in der Goltzstraße, bevor 1979 das Haus Ecke Frankenstraße zum Stammsitz wurde, von dem aus sich der Laden am Standort Schöneberg stetig vergrößerte. Seit 2003 gibt’s zudem Filialen in Tegel und Prenzlauer Berg sowie seit 2006 in Spandau.

Auch online kann man inzwischen bestellen. Der Internethandel mache aber nur einen sehr kleinen Teil des Geschäfts aus, sagt Rüther: „Denn 90 Prozent unserer Artikel kosten weniger als fünf Euro. Da lohnt sich das einfach nicht.“

In den Anfangsjahren waren die Bastelvorlieben der Deutschen noch vergleichsweise überschaubar. Rüther zählt sie auf: Man arbeitete mit Bast oder Filz, flocht mit Peddigrohr, machte Blumenampeln aus Macramé oder probierte sich im Schmuckdesign mit Emaille und Silberdraht aus. Dass Menschen überhaupt handwerkliches, kreatives, künstlerisches Arbeiten als Hobby betrieben, war damals ein relativ junges Phänomen.

Danach kam ein Trend nach dem anderen: Seidenmalerei, Kneten mit Fimo, Lampen gestalten, Klamotten batiken, Window Color, Servietten- oder Artischockentechnik. Beton wurde zu Schalen oder Kerzenständern gegossen, die Hobbykünstler entdeckten die Acrylfarben. Und das Geschäft richtete sich darauf ein. Seit einiger Zeit ist Vintage-Style angesagt.

Die notwendigen Kreidefarben in Pastelltönen für Möbel oder Deko-Stücke stehen bereit. Auf dem Internet-Portal Pinterest kann man die Ergebnisse in Lindgrün oder Altrosa schön in Szene gesetzt zuhauf bewundern. Basteln, Malen, Werkeln ist angesagt, nennt sich „diy“ – do it yourself, mach es selber.

Alles, was das Bastelherz begehrt

Bei Rüther ziehen sich an allen Wänden die Regale entlang. Sie sind voll mit allem, was man zum Basteln braucht. Styroporköpfe oder -torsi in mehreren Größen, Schächtelchen aus Spanholz oder Pappe, Bänder, Tonfigürchen, Beutel zum Bedrucken oder Bemalen, Tassen und Teller zum Selbergestalten.

Plastikkugeln, aus denen man eine Minnie-Maus basteln kann oder Styroporkugeln für Einhörner. Und und und. Dazu Papier in allen Stärken und Stifte, Stifte, Stifte. Mehr als 60.000 Artikel hat das Geschäft im Sortiment. Verschiedene wohlgemerkt. „So genau weiß das keiner“, sagt Rüther. Das glaubt man sofort, die Inventur muss eine Qual sein.

Drei Abteilungen wurden im Lauf der Jahre aus dem Hauptgeschäft ausgegliedert. Eine davon ist ein wahres Perlenparadies. Perlen in allen Größen, Formen und Farben, aus Glas und aus Holz. Zum Sticken, zum Stecken, für Schmuck. Kleine Kostbarkeiten, die man einzeln kaufen kann. Rund 3000 unterschiedliche hat Rüther davon im Angebot. Dazu viele abgepackte Perlen. Wer’s glänzend mag, für den gibt’s Swarovski. „Die glitzern besonders gut, da sieht man den Qualitätsunterschied“, sagt Rüther.

[Hobbyshop Rüther, Goltzstraße 37 (Schöneberg), Breite Straße 30 (Spandau), Berliner Straße 90/91 (Tegel) und Kollwitzstraße 54 (Prenzlauer Berg), Montag bis Freitag 9.30 bis 19 Uhr, Samstag 9.45 Uhr bis 16 Uhr.]
Hobby-Maler sind zwei Türen weiter an der richtigen Adresse, beim Künstlerbedarf; dort findet man eine große Auswahl an Leinwänden und Farben. Und Pinsel, die bis zu 70 Euro kosten. Töpferbedarf – Ton in Zehn-Kilo-Säcken etwa und Glasuren aller Art – stehen im vierten Laden in der Frankenstraße bereit.

Bastelt Rüther auch selber gern? Bei der Frage lacht der 49-Jährige: „Theoretisch kann ich fast alles. Aber nee, mich würden sie wahrscheinlich eher im Baumarkt finden.“ Mit der Haltung steht er als Mann wohl nicht alleine da. 75 Prozent der Kundschaft sind Frauen.

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