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Werkstatt der Kulturen: Umstrittene Schau im Wedding eröffnet - Neukölln lässt sich Zeit

Die Ausstellung "Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg", die im Wedding und in Neukölln gezeigt werden soll, hatte in der verganenen Woche für Schlagzeielen gesorgt. In der Schau sollten drei Tafeln zur Kollaboration von Arabern mit dem nationalsozialistischen Regime entfernt werden. Im Wedding ist die Ausstellung nun eröffnet worden - unzensiert. Neukölln allerdings lässt sich Zeit.

Über eines können sich die Ausstellungsmacher nach den Diskussionen der vergangenen Woche zumindest nicht beklagen: mangelndes Interesse. Zur Eröffnung von „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ in den Weddinger Uferhallen kamen am Dienstag rund 50 Journalisten, die sich nun selbst ein Bild von der umstrittenen Sammlung machen wollten. Eigentlich hatte man sich vergangenen Freitag geeinigt – die Ausstellung sollte an diesem Dienstag unzensiert auch in Neukölln starten. Doch dort lässt man sich offenbar Zeit mit dem Aufhängen der Schautafeln: „Wir eröffnen am Donnerstag“ erklärte eine Sprecherin der Werkstatt der Kulturen. Wegen Verzögerungen bei den Aufbauarbeiten, so die Erklärung.

Wie berichtet, hatte Werkstatt-Leiterin Philippa Ebéné Anstoß an drei Schautafeln zur Kollaboration von Arabern mit Nazis genommen und diese als „rassistisch“ bezeichnet. Erst wollte die Werkstatt die Schau nicht zeigen, nun soll sie in Wedding und Neukölln zu sehen sein. In den Uferhallen stehen die umstrittenen Stücke in der Mitte des Rundgangs und verweisen unter anderem auf den Mufti von Jerusalem, der Adolf Hitler für seine Idee der Endlösung verehrte.

Der Kurator und Ideengeber für die Ausstellung hält den umstrittenen Aspekt für wichtig, aber nicht wesentlich. Vielmehr geht es Rössel und seinen Unterstützern darum, die „Scheuklappen“ in der europäischen Geschichtsschreibung abzunehmen. Die Ausstellung, die in mehreren Schulen und 12 weiteren Städten geplant ist, soll den „Eurozentrismus“ aufbrechen. 25 Jahre hat Rössel dafür in der sogenannten Dritten Welt recherchiert, über Lateinamerika, Afrika, den Nahen Osten, Indien, Südostasien und Ozeanien.

Mithilfe von Schrifttafeln, Videofilmen und Hörstationen kommen Menschen zu Wort, die den Krieg jenseits von Europa und USA erlebt haben. So erfährt man unter anderem, dass Indien mit 2,5 Millionen Soldaten die meisten Truppen gestellt hatte. Wissenswertes erfährt man auch über Konrad Adenauer, der vor 1933 nicht nur Oberbürgermeister war – der erste Bundeskanzler war offenbar auch stellvertretender Vorsitzender der „Deutschen Kolonialgesellschaft“. Und als solcher äußerte er die fragwürdige Ansicht: „Wir müssen für unser Volk mehr Raum haben und Kolonien anstreben.“

Wie eingeschränkt unsere Sicht auf die Welt ist, zeigt auch der Anlass für den Ausstellungsbeginn am Dienstag: der 70. Jahrestag des Kriegsbeginns. In der Schau erfährt man jedoch, dass der deutsche Angriff auf Polen im September 1939 nur aus europäischer Sicht der Anfang war. Laut asiatischer Geschichtsschreibung begann der Zweite Weltkrieg bereits am 7. Juli 1937, mit dem Angriff Japans auf China.

Ferda Ataman

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